Siebte Internationale Konferenz zum Thema Holocaust Education in Jerusalem

Unter dem Titel Shoah Education and Remembrance in Hindsight and in Foresight fand vom 12. bis 13. Juni in Yad Vashem eine internationale Konferenz zum Thema Holocaustpädagogik statt.

Gegenstand der Konferenz waren drängende Herausforderungen der Gegenwart an die Holocaustpädagogik: Wie lässt sich die Erinnerung an den Holocaust im 21. Jahrhundert wach halten und im Geiste der Überlebenden vermitteln, wenn diese nicht mehr als Zeugen der Ereignisse zur Verfügung stehen?

Welche Bedeutung hat der Holocaust im Kontext eines weltweit immer dominanter werdenden Fokus auf eine universalistische Menschenrechtserziehung, die die von den Nazis geplante ‚Endlösung’, die Ermordung der europäischen Juden, in ein ‚Jahrhundert der Verbrechen’ einordnet, ohne die Spezifik dieses Ereignisses zu erfassen?

In seiner Eröffnungsrede problematisierte der französische Philosoph Alain Finkielkraut anschaulich die Tatsache, dass die Erinnerung an den Holocaust in Europa immer mehr zu einem vom historischen Ereignis abgelösten Schema werde. Statt der Entstehung von Antisemitismus entgegen zu wirken, führe der ‚Imperativ zu Erinnern‘ oftmals zum genauen Gegenteil: Die Erinnerung an den Holocaust werde oft in Zusammenhang gebracht mit einer Kritik an der ‚jüdischen Dominanz‘ oder in Verbindung mit antiisraelischen Vorurteilen abgelehnt. Immer häufiger werde eine Ausweitung der Erinnerung auf andere Menschheitsverbrechen wie die Kolonialisierung gefordert.

Dabei zähle jedoch nicht historische Wahrheit, sondern eine ‚Konkurrenz um die Opferposition‘. Doch Erinnerung, so Finkielkraut, sei eine Pflicht gegenüber den Toten und sollte nicht bedeuten, selbst deren Platz einzunehmen. Besonders kritisierte er die Geschichtslosigkeit der Europäer, deren Imperativ einer Offenheit für andere Identitäten dazu führe, sich nicht wirklich mit der eigenen Geschichte, Herkunft und Tradition auseinanderzusetzen, sondern diese zu verleugnen und in Beliebigkeit aufzulösen.

Aus der Perspektive des Historikers knüpfte Yehuda Bauer, akademischer Berater der Gedenkstätte Yad Vashem, an diese Überlegungen an und legte dar, dass eine wirksame Bildungsarbeit zum Thema Holocaust bei der Vermittlung der geschichtlichen Ereignisse selbst ansetzen müsse. Ohne den ‚Text‘, die Ereignisse in den Jahren von 1933 bis 1950, die Nazi-Politik, den Krieg, die Verfolgung, Ermordung und das Überleben der Juden, sei der Holocaust nicht zu verstehen. Dazu gehöre auch, den Antisemitismus als zentrale Motivation der Naziideologie und der Ereignisse während des Zweiten Weltkrieges wahr- und ernst zu nehmen. Erst in Nachvollzug der daraus resultierenden ‚Präzendenzlosigkeit‘ des Holocaust für nachfolgende Ereignisse, könnte die notwendige Vermittlung des ‚Kontextes‘, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede markierende Kontextualisierung des Holocaust im Verhältnis zu anderen Genoziden und Menschheitsverbrechen stattfinden, so Bauer.

Angesichts dieser philosophischen und historiographischen Einwürfe verwunderte es nicht, dass die Frage nach dem Stellenwert und der Bedeutung des Holocaust für die Gegenwart in allen Diskussionen auf der Konferenz großen Raum einnahmen. Der Historiker Dr. Yitchak Arad, der Journalist Roman Frister und der Jurist Dr. Samuel Pisar, alle drei Überlebende des Holocaust, vermittelten den Teilnehmenden bewegend die Notwendigkeit fortdauernder Erinnerung an das vergangene Grauen. Im Anschluss an die intensive gemeinsame Auseinandersetzung in Arbeitsgruppen unterstrichen die TeilnehmerInnen auch die Notwendigkeit der weiteren Unterstützung von Bildungsarbeit und Erinnerung an den Holocaust. Die Vorträge und Diskussionen stehen unter dem unten stehenden Link als Downloads sowie als Videomitschnitte zur Verfügung. Dort befindet sich auch ein Papier mit den Empfehlungen der TeilnehmerInnen zur Zukunft der Holocaust Education.

Dokumentation der Tagung: - link