Sind NS-Stollensysteme Erinnerungsorte?

Der ORF Report hat drei NS-Stollensysteme, in denen Zwangsarbeit geleistet wurde und in denen tausende Menschen gestorben sind, besucht und stellt die Frage, wie man mit diesen Erinnerungsorten umgehen soll.

Mit dem Zunehmen alliierter Luftangriffe auf NS-Rüstungsbetriebe in der zweiten Kriegshälfte entwickelten die Nationalsozialisten den Plan, wichtige Produktionsstandorte unter die Erde zu verlagern. Diese Orte wurden unter Einsatz von Zwangsarbeitern unter menschenunwürdigen Bedingungen errichtet. Die Zwangsarbeit in diesen Stollen kann als Vernichtung durch Arbeit bezeichnet werden. In Österreich gibt es einige NS-Stollensysteme, meist waren sie Außenlager des KZ Mauthausen.

Wie soll man mit Opfer- und Täterorten aus der NS-Zeit verfahren? Darf neben solchen Orten ein Wohnblock entstehen? Reicht eine kleine Gedenktafel? Diese Fragen stellte der ORF Report Vorort. Zur Sendung: - Link

 

Stollensystem „Quarz“ bei Roggendorf in Niederösterreich

Eines dieser Verlagerungsprojekte entstand unter dem hauptsächlich aus Quarzsand bestehenden Wachberg in Roggendorf. „Ab dem Frühjahr 1944 wurde unter dem Decknamen „Quarz“ das Bauvorhaben „B 9“ begonnen, dessen Ziel es war, eine mehrstöckige unterirdische Stollenanlage mit einer Gesamtlänge von rund 14 Kilometern zu errichten. Parallel dazu wurde in der Birago-Pionierkaserne in Melk ein KZ-Außenlager realisiert, welches die nötigen Zwangsarbeitskräfte lieferte“[1]. Laut Gedenkstätte Melk starben dort binnen eines Jahres 4.874 KZ-Häftlinge. Weiterlesen: - Link

 

KZ Ebensee und das „Projekt Zement“

„Die Errichtung des Konzentrationslagers Ebensee begann am 18. November 1943 mit der Überstellung von 63 KZ–Häftlingen aus dem Mauthausen–Außenlager Redl–Zipf nach Ebensee. Inmitten des oberösterreichischen Salzkammergutes sollte ein riesiges unterirdisches Rüstungsprojekt verwirklicht werden, das die Verlegung des Raketenforschungszentrums Peenemünde in Norddeutschland in bombensichere Stollenanlagen vorsah. Auf Grund des akuten Arbeitskräftemangels sollten diese durch den massenhaften Einsatz von KZ–Häftlingen erbaut werden. Das unter der Tarnbezeichnung „Zement“ geführte Außenlager Ebensee ist eines von zahlreichen Beispielen für die kriegswirtschaftlich bedingte Weiterentwicklung des KZ–Systems durch die SS… Ausgangspunkt für die Einrichtung eines Lagers in Ebensee war wenige Monate zuvor die Bombardierung mehrere Serienwerke der Raketenproduktion, insbesondere der Angriff auf die Heeresanstalt in Peenemünde durch die britischen Alliierten in der Nacht vom 17. zum 18. August 1943. Die Raketentechnologie – mit der V1 und V2-Waffe – nährte durch die Kriegspropaganda in der letzten Kriegsphase die technologisch und militärisch unbegründete Hoffnung, den Krieg noch gewinnen zu können…Zwischen 1943 und 1945 wurden insgesamt ca. 27000 männliche Häftlinge aus mehr als 20 europäischen Ländern nach Ebensee deportiert. Etwa 8500 Menschen kamen hier infolge des Arbeitseinsatzes, durch Entkräftung und Hunger, aufgrund von Seuchen und Krankheiten oder durch Gräuelakte ums Leben. Rund ein Drittel der Häftlinge war jüdischer Herkunft, in kleiner Anzahl befanden sich auch Zeugen Jehovas, Roma und Homosexuelle unter den Opfern des KZ Ebensee. Die Mehrheit der Insassen bildete jedoch die Gruppe der so genannten politischen Häftlinge“[2] Weiterlesen: - Link

 

„Bergkristal“ in St. Georgen/Gusen

„Die Stollenanlage „Bergkristall“ in  St. Georgen/Gusen gehört zu den größten Bauwerken aus der NS-Zeit in Österreich. Knapp 45.000 m² bombensichere Produktionsfläche wurde von Häftlingen des Konzentrationslagers Gusen II in den Jahren 1944 und 1945 in nur 13 Monaten Bauzeit unter grausamen Bedingungen um den Preis von tausenden toten KZ-Häftlingen errichte“[3]. Weiterlesen: - Link /

 

Links

Gedenkverein Quarz-Roggendorf: - Link

Begleitete Rundgänge der Stollenanlage „Bergkristall“ : - Link

 


[1] erlauferinnern.at - "Roggendorf - Häftlings-Zwangsarbeit unter dem Wachberg"

[2] memorial-ebensee.at - Kurzgeschichte KZ Ebensee

[3] Bewusstseinsregion - Stollensystem „Bergkristall“ St. Georgen/Gusen