Polen will Überreste des ehemaligen Konzentrationslager Gusen kaufen

Das Innenministerium prüft derzeit Optionen für „den weiteren Umgang mit dem Gedenken in Gusen“, das Mauthausen Memorial zeigt sich skeptisch

Im KZ Gusen waren bis zur Befreiung 1945 mindestens 71.000 Menschen aus 27 Nationen von den Nationalsozialisten inhaftiert, mehr als die Hälfte wurde ermordet oder kam zu Tode. Darunter waren besonders viele Polen. Bei einem gemeinsamen Besuch mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im früheren Vernichtungslager Auschwitz kündigte der polnische Premier Mateusz Morawiecki Anfang Dezember 2019 an, dass Polen Überreste des ehemaligen KZ Gusen kaufen wolle.

 

Das Innenministerium prüft derzeit die Optionen

Ein Großteil der Grundstücke des einstigen Lagers ist derzeit im Privatbesitz. Bereits im September 2019 hatten polnische Überlebende an die österreichischen Behörden appelliert, die Überreste des Lagers von den Privatbesitzern zu erwerben. Nachdem diese zum Teil Verkaufsbereitschaft signalisiert hatten, gab das Innenministerium 2018 eine Machbarkeitsstudie als Entscheidungsgrundlage „zum weiteren Umgang mit dem Gedenken in Gusen“ in Auftrag. Derzeit prüfe man die Optionen, die darin enthalten sind.

Barbara Glück, Leiterin des Mauthausen-Memorial, den Verantwortlichen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, plädierte dafür, dass die Republik Österreich die Grundstücke kaufen und die Gedenkstätte aufgewertet werden sollte. Kritik an der jetzigen Form der Gedenkstätte könne Barbara Glück, Vorstandsmitglied von _erinnern.at_, so nicht nachvollziehen: „Es gibt das Memorial Gusen, das Krematorium mit einem Besucherzentrum und einer Ausstellung, es gibt eine Zugänglichkeit zum Bergkristall-Stollen. Also, dass noch gar nichts vor Ort ist, stimmt nicht.“

 

Fragen kollektiven und nationalen/internationalen Gedenkens

Die Ankündigung des polnischen Premierministers, Überreste des KZ Gusen kaufen zu wollen, um am einstigen Lagerareal einen „würdigen Ort des Gedenkens zu schaffen“, wirft auch erinnerungspolitische Fragen auf und ist nicht zuletzt im Kontext nationalen und internationalen Gedenkens an den Nationalsozialismus und an die NS-Opfer zu betrachten. „Dass dies nicht nur ein Ort des Gedenkens an die polnischen Opfer ist, sondern dass es ein internationaler Gedenkort bleibt und dort auch noch ein weiterer internationaler Gedenkort entsteht, weil dort natürlich sehr viele Nationen ihre Opfer zu beklagen haben.“, so Barbara Glück vom Mauthausen-Memorial.

 

Links:

Mauthausen Memorial: - Link

„KZ Gusen: Privateigentümer signalisieren Verkaufsbereitschaft“, Der Standard online, 8.12.2019 - Link

„Polen will Überreste vom KZ Gusen kaufen“, ORF OÖ online, 8.12.2019 - Link

„Ich empfinde tiefe Scham", Die Zeit online, 6.12.2019 - Link