8. Seminar

19. November - 2. Dezember 2004

Die Gruppe der 24 Teilnehmer/innen aus ganz Österreich repräsentiert einen Querschnitt verschiedener Schultypen: 2 VS, 4 HS, 8 AHS, 4 BHS, 1 Poly, 2 Jüd. Berufsbildungszentrum, 2 PädAk, 1 Sicherheitsakademie des BMI. Die Nominierung erfolgte durch die jeweiligen Landesschulräte. Die Kolleg/innen unterrichten E, H, Geo, BE, Rel.,Ethik, D, LÜ, Psychologie, Philosophie, Pol. Bildung, Latein, kaufm. und andere berufsbildende Fächer. Das von Yariv Lapid bestens organisierte Programm (siehe downlaod) bestand aus wissenschaftlichen Vorträgen, der Vorstellung des pädagogischen Konzepts, das an konkreten Materialien gezeigt wurde, einer Reihe von Begegnungen, u.a. in einem Workshop mit Holocaust Überlebenden, psychodynamischen Workshops zur Frage „What does this mean to us?“, Exkursionen ans Tote Meer sowie einer dreitägigen Fahrt in den Norden. Wie immer war das Programm sehr dicht und mitunter ziemlich anstrengend, wenngleich die Teilnehmer/innen größtenteils sehr zufrieden waren.

Neu gegenüber früheren Seminaren war die Möglichkeit, sich für das persönliche Multiplikationsprojekt, für das sich die Teilnehmer/innen bei der Anmeldung verpflichten, in Working Groups mit ausgewählten Themen auseinander zu setzen. Bereits beim Vorbereitungstreffen in Salzburg entschieden sich die Kolleg/innen für a) eine Vertiefung mit Narrativen, b) den österreichischen Gerechten unter den Nationen, c) Holocaust Art oder d) modernen Antisemitismus. Von seiten Yad Vashems wurde pro Thema ein Tutor beigestellt, der die Gruppe begleitete. Dies gelang unterschiedlich gut, u.a. weil das Sichten der Dokumente im Archiv doch einige Zeit in Anspruch nimmt.

Insgesamt erlebten die Teilnehmer/innen das Seminar als eine große Bereicherung in wissenschaftlicher, pädagogischer und sozialer Hinsicht. Von den Vorträgen sehr gut aufgenommen wurden Shulamit Imber (das pädagogische Konzept), Jakob Hessing (Jewish Life in Germany and Austria in the modern Era / Reflections of the Holocaust in Literature), David Silberklang (The Final Solution) und Ephraim Zurroff (Pursuing and Bringing to Justice Nazi War Criminals – The Challenge). Das pädagogische Konzept wurde an ausgewähltem, in Yad Vashem erstelltem Material gut und nachvollziehbar präsentiert, wobei sich die Teilnehmer/innen, wie die Evaluation zeigt, eine noch stärkere Vertiefung in die methodisch-didaktische Aufbereitung für Unterrichtszwecke gewünscht hätten.

Einigermaßen kontroversiell und teilweise irritierend, obschon prinzipiell wichtig, aufgenommen wurden die drei Einheiten mit Natan Kellermann „What does it mean to us?“, drei Begegnungen, in denen die Teilnehmer/innen die Möglichkeit haben, all das zu besprechen, wie es ihnen während dieser 13 Tage Yad Vashem Seminar geht, vor allem die persönliche Konfrontation mit dem herausfordernd schwierigen Thema. Kellermann ist klinischer Psychologe bei Amcha, einem israelischen Zentrum, das Holocaust Überlebenden und deren Nachkommen psychosoziale Unterstützung anbietet. Die Rückmeldungen am Ende des Seminars und die ausführliche Erörterung beim Nachbereitungstreffen Ende Jan. 2005 haben gezeigt, wie komplex diese Fragen sind und welch sorgfältigen, respektvollen Umgang es mit dem Thema braucht. In Zukunft sollte Kellermann in einem Vortrag zu „Trauma und Geschichte“ besonders auch einen Überblick über die psychologischen Langzeitwirkungen der Holocaust-Traumatisierung von Überlebenden und deren Nachkommen und mögliche Behandlungsstrategien aufzeigen. Darauf aufbauend sollte die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit der Rolle Österreichs während der Zeit des Nationalsozialismus und die Frage, wie gehe ich selbst und meine Gesellschaft mit der vererbten nationalsozialistischen Vergangenheit um, bestehen.

Traditionell gut war die Exkursion mit Yael Shilo, eine Vormittagstour durch die Altstadt Jerusalems und die Fahrt ans Tote Meer, nach Massada und Qumran und Baden am Strand von Kalia. Als berührendes und spannendes Ereignis wurde das Dinner mit den Jerusalem Austrians im Shalom Hotel erlebt, das Anita Goldschmitt und Felix Jaffé organisierten. Zu diesem Abend kommen immer wieder auch neue Leute, die sich besonders für das Leben im heutigen Österreich interessieren, die aber auch die Bedeutung des Projekts erinnern.at betonen, weil es ihnen das Gefühl gebe, dass auf „dieser weißen Landkarte“ wieder Spuren des ehemaligen jüdischen Lebens in Österreich gesucht werden.

Neu war diesmal auch eine dreitägige Fahrt in den Norden Israels. Auf dem Programm standen ein Besuch in der St. Joseph School in Nazareth, wo sich Pater Shufani in einem beachtenswerten interkulturellen Projekt mit jüdisch-israelischen und arabischen Jugendlichen engagiert. Weiters zeigten zwei Pädagoginnen von „Mearag“ in einem Workshop höchst brauchbare Tools, wie interkulturelles Lernen in einer Migrationsgesellschaft praktisch aussehen kann. Nach Übernachtung im Kibbutz En Gev am See Genezareth fuhr die Gruppe auf die Golan Höhen, begleitet von Yariv Lapids Kommentaren; wichtig dabei vor allem die Kontextualisierung des aktuellen politischen Konflikts und dessen Unterrichtsrelevanz. Der anschließende Besuch in Yarivs Kibbutz Ayelet Hashahar wurde als einer der Höhepunkte der Seminarreise erlebt. Am dritten Tag, mit dem Besuch des Warzaw Ghetto-Fighters-Museum, war intendiert, dass die Teilnehmer/innen andere Orte sehen können, die sich mit dem Holocaust beschäftigen. Interessant, weil kontrovers, waren die Auseinandersetzungen um das pädagogische Konzept des Holocaust Kinder Museums und die Begegnung mit Simcha Stein, dem Direktor.

In Summe ein sehr gelungenes Seminar. Hier noch einige ausgewählte Teilnehmer/innen Stimmen:
„Ich habe sehr viel gelernt; ein pädagog. Konzept kennengelernt, das mir auch in meinem weiteren Unterricht von Nutzen sein wird. Wir hatten ausgezeichnete Lehrer und eine hervorragende Organisation.“
„Deutlich ist mir geworden, wie unaufrichtig und ausweichend Österreich mit dem Holocaust und dessen Folgen bis heute umgeht.“
"Meine an sich schon hohen Erwartungen wurden nicht nur erfüllt, sondern bei weitem übertroffen. Die Gelegenheit derartigen Fachleuten zuzuhören oder sogar mit ihnen zu diskutieren und zu arbeiten war ein ungewöhnlich schönes und bereicherndes Erlebnis.“
"Insgesamt: sehr anstrengend; wünschte mir oft längere Mittagspausen und mehr Zeit zur Ruhe zu kommen. Allerdings: wüsste nicht, was ich im Nachhinein streichen würde; meine Motivation für dieses Thema wurde gesteigert; thank you.“