Artikel Horst Schreiber: Ausschluss der Tiroler Jüdinnen und Juden ab dem März 1938

Nirgends war das Wesen der „Volksgemeinschaft“ mit seiner Einteilung in kategorial Ungleiche, in Zugehörige und Nicht-Zugehörige so sichtbar wie in der antisemitischen Praxis der NS-Diktatur.

Wer Zeitungen las oder Radio hörte, war täglich mit der Judendiskriminierung konfrontiert. Wer durch Innsbruck schlenderte, seine Besorgungen machte, seinem Beruf nachging oder sich auf der Straße unterhielt, stieß ständig auf Aufforderungen zum Judenhass; sah im Stadtzentrum ein beschmiertes jüdisches Geschäft nach dem anderen; musste sich mit der Aufforderung zum Boykott des Einkaufens bei Jüdinnen und Juden auseinandersetzen; hörte das Brüllen judenfeindlicher Parolen Uniformierter, die in Massen auftraten.

Die judenfeindliche Beteiligungsbereitschaft in der Bevölkerung und die „tätige Teilhabe“ an der Aneignung jüdischen Vermögens demonstrieren eine komplizenhafte Mitwirkung eines breiten gesellschaftlichen Spektrums an der NS-Machtausübung und dessen „repressive Toleranz“ gegenüber der Entrechtung der Jüdinnen und Juden Innsbrucks. Gewalt und besonders die Gewalt des antisemitischen Rassismus stifteten Gemeinschaft.

Wie der Ausschluss der Tiroler Jüdinnen und Juden ab dem März 1938 vor sich ging, ist zeigt der Beitrag aus dem Buch von Horst Schreiber: 1938. Der Anschluss in den Bezirken Tirols.