Artikel Horst Schreiber: KZ-Haft und Tod durch Erhängen: Die kurze Liebe von Viktoria Müller und Michaïl Dzula

Beitrag im Gaismair-Jahrbuch 2023 über das Schicksal zweier Menschen, gegen die das NS-Regime wegen des verbotenen Umgangs mit „Fremdvölkischen“ mit aller Härte vorging.

Der Zwangsarbeiter Michaïl Dzula lernte die Tiroler Landarbeiterin Viktoria Müller im Bezirk Lienz am Wegmacherhof in Iselsberg auf 1.100 Metern Höhe kennen. Aus ihrem Liebesverhältnis entstammte ein Kind.

Dzula wurde wegen dieses „Liebesverbrechens“ zwischen einem Ausländer und einer Einheimischen in Sillian öffentlich gehängt, Müller ins KZ Ravensbrück deportiert, sie überlebte. Ihr Kind sah sie nie wieder, die NS-Fürsorge gab es zur Adoption frei.

Müller gehörte zum kleinen Kreis von Frauen in Österreich, die wegen des ver- botenen Umgangs mit Ausländern in Haft gesessen waren und schließlich doch als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden. Bei Viktoria Müller dauerte es bis 1961. Häufig lehnten die Opferfürsorgebehörden die Ansuchen von Betroffenen österreichweit mit Argumenten ab, die ganz auf Linie der Nationalsozialisten waren. So lautete ein negativer Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung 1954 so:

„Das Verbot des Verkehrs zwischen ausländischen Fremdarbeitern, die Angehörige eines Feindstaates sind, und der einheimischen Bevölkerung ist nicht allein in der weltanschaulichen Einstellung des Nationalsozialismus begründet (Rassenideologie), sondern entspringt dem Gedanken, daß derartige Beziehungen die Moral der kämpfenden Truppe und auch der Bevölkerung im Hinterland schwer gefährden, (...); es stellt somit eine Schutzbestimmung im Interesse der Abwehrkraft des eigenen Volkes in Notzeiten dar, wie solche auch in demokratischen Staa- ten bestanden haben (Verbrüderungsverbot der Besatzungstruppen)."