Denkmal für NS-Euthanasieopfer in Zirl beschmiert und mit Parolen verunstaltet

Die Polizei sucht nach den Tätern. Das Denkmal war 2014 nach einer Forschungsarbeit von Brigitte Zach am Abendgymnasium Innsbruck zur Erinnerung an fünf Zirler Opfer des NS-Krankenmordes errichtet worden.

Bericht von tirol.orf.at, 11.1.2021:

Mit Farbspray wurden das Denkmal und ein Mülleimer daneben von den Unbekannten besprüht. Unter anderem mit dem Namen „HÖSS“. Offenbar dürfte damit Rudolf Höß gemeint sein, der Kommandant des Nazi-Konzentrationslagers Ausschwitz. Daneben wurden von den Tätern aber auch Kürzel wie „THC“ oder „420“ aufgeprüht – als Hinweis auf Drogen.

Laut Polizei ergebe sich deshalb noch keine Bewertung als rechtsextreme Tat. Der Vandalenakt, mit dem das Andenken an Nazi-Opfer beschädigt wurde, muss nach bisherigen Ermittlungen zwischen Neujahr und 4. Jänner erfolgt sein. Die Polizei bittet um Hinweise, die zu den Tätern führen könnten.

Zur Entstehung des Denkmals

Brigitte Zach ermittelte im Rahmen des „Wissenschaftlichen Arbeitens“ am Abendgymnasium Innsbruck unter der Leitung von Horst Schreiber fünf Zirler NS-Euthanasie-Opfer: Filomena Schneider und Johanna Weisjele wurden im Zuge des Krankenmordes von der Heil- und Pflegeanstalt Hall am 20.3.1941 bzw. am 26.5.1941 in die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz deportiert. Im letzten Todestransport von Hall in die Anstalt Niedernhart in Linz am 31.8.1942 befanden sich Amalia Frischmann und Aloisia Glatz. Anton Geiger wurde am 20.2.1941 von der Heil- und Pflegeanstalt Valduna Rankweil nach Schloss Hartheim überstellt.

Die Gemeinde Zirl lobte einen Wettbewerb aus und entschied sich für das Kunstwerk von Günther Tschaufeser: sechs in Stahl gerostete Koffer auf einer vier Mal vier Meter großen Stahlplatte, umgeben von sechs verzinkten Stahlbänken, ergänzt von einer Stele mit Hintergrundinformationen zum Objekt. Am 14.9.2014 weihte Pfarrprovisor Gabriel Thomalla das Denkmal in einem großen Festakt ein.

Text auf der Informationsstele

Gedenkstätte für unsere Zirler NS -Euthanasieopfer

Während des Nationalsozialismus wurden in Österreich rund 30.000 Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung sowie psychisch kranke Menschen und Häftlinge des KZ Mauthausen im Rahmen der sogenannten NS-Euthanasie als „unwertes Leben“, „rassisch Minderwertige“ und willkürlich definierte „Asoziale “ in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim in Alkoven bei Linz und in der Heil- und Pflegeanstalt Niedernhar-Linz ermordet. Nach heutigem Wissen hat die Gemeinde Zirl fünf Opfer zu beklagen. Filomena Schneider, Johanna Weisjele und Anton Geiger wurden 1941 in der Gaskammer von Schloss Hartheim ermordet. Amalia Frischmann und Aloisia Glatz kamen 1942 in der Anstalt Niedernhart ums Leben. Mit diesem Denkmal sollen sie einen Ehrenplatz in ihrer Heimatgemeinde bekommen und nicht mehr vergessen sein.

Zur Gedenkstätte von Günther Tschaufeser

Die Idee gründet auf Bildern aus Vernichtungslagern, die wir alle im Kopf haben: Berge von Schuhen, Brillen, Bekleidung und auch Koffern, die den Opfern abgenommen wurden und in denen die wenigen Habseligkeiten, die sie mitnehmen durften, verstaut waren. Die Koffer versinnbildlichen auch die trügerische Hoffnung auf eine Rückkehr und Zukunft.

Die Arbeit zeigt für jedes der fünf bekannten Opfer aus Zirl symbolisch einen Koffer; ein zusätzlicher Koffer steht für die unbekannten Opfer. Die um die Gedenkstätte gruppierten sechs Sitzobjekte sind jeweils namentlich einer der fünf Personen zugeordnet. Somit hat jedes Opfer auch seinen persönlichen GE-DENKPLATZ. Ein Sitzobjekt ist den unbekannten Opfern gewidmet. Die Anrede mit FRAU … oder HERR … betont die Unantastbarkeit der Würde der ermordeten Menschen.

Zirl, September 2014