Nachruf: Hermine Liska verstorben – die letzte Zeitzeugin der NS-Opfergruppe Jehovas Zeugen in Österreich
Hermine Liska wurde am 12. April 1930 in St. Walburgen, Görtschitztal in Kärnten geboren. Ihre Eltern Johann und Elisabeth Obweger betätigten sich schon seit den 1920er-Jahren als Bibelforscher (Zeugen Jehovas). Sie lehnten aus religiösen Gründen jegliche Unterstützung des nationalsozialistischen Systems ab und setzten sich damit der nationalsozialistischen Verfolgung aus. Im Alter von elf weigerte sich Hermine, mit „Heil Hitler“ zu grüßen, die Uniform der Hitlerjugend anzuziehen und sich an sonstigen nationalsozialistischen Aktivitäten zu beteiligen.
Das hatte zur Folge, dass sie 1941 den Eltern zur Umerziehung weggenommen wurde. Zuerst kam sie nach Feldkirchen/Kärnten in das Erziehungsheim Waiern. Strafen wie Essensentzug, Streichen von Freizeitaktivitäten, und Arbeit auf einem zum Heim gehörenden Bauernhof wurden verhängt. Die Eltern hatten Besuchsverbot. Der Vater versuchte Hermine heimlich am Schulweg zu treffen. Dies wurde jedoch bemerkt und um diese Kontakte ein für alle Mal zu unterbinden, brachte die Behörde die elfjährige Hermine im September 1941 nach München in die Adelgunden-Anstalt, ein von Klosterschwestern geführtes Heim. Die Eltern hielten brieflich Kontakt. Als die Bombenangriffe im Sommer 1943 in München zunahmen, wurden die Kinder evakuiert und auf Bauernhöfen untergebracht. Ende März 1944 kam Hermine wieder zurück nach München in die Anstalt. In dieser Zeit hatten die Bombenangriffe stark zugenommen, sodass alle BewohnerInnen der Anstalt lange Zeitspannen im Luftschutzkeller verbringen mussten. Am 8. Mai 1945 war der Krieg zu Ende und Hermine kam nach mehr als vier Jahren nach Hause.
Hermine Liska setzte sich seit 1998 gegen das Vergessen ein und erzählte ihre Lebensgeschichte an Schulen in ganz Österreich. Sie gab Interviews für Zeitungen, Radio und Fernsehen. Ihre Lebensgeschichte wurde auf der DVD „Hermine Liska, ein Erziehungsproblem eines Diktators!“ festgehalten.
Seit 2002 war sie im Rahmen des Zeitzeuginnen- und Zeitzeugen-Programms, das ERINNERN:AT im Auftrag des Bildungsministeriums durchführt, aktiv. Sie wurde zu einer der engagiertesten Zeitzeuginnen in den Schulen Österreichs. Für ihre unermüdliche Tätigkeit als Zeitzeugin erhielt sie 2016 das goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark wie auch das Goldene Verdienstzeichen der Republik Österreich. Obwohl sie die letzten fünf Jahre im Pflegeheim lebte, brannte ihr Herz immer noch für die Schülerinnen und Schüler und dafür, die Erinnerung an die Vergangenheit wach zu halten.
ERINNERN:AT betrauert den Verlust von Hermine Liska und spricht ihrer Familie herzliches Beileid aus.
Eine Gedenkveranstaltung zu Ehren von Hermine Liska findet am Samstag, dem 13. Juli um 15:30 Uhr im Königreichssaal der Zeugen Jehovas in Mooskirchen statt (Hauptstraße 40; 8562 Mooskirchen). Die Veranstaltung wird via Zoom live übertragen: Meeting-ID: 960 2810 5839; Kenncode: 1930