Aufruf zur Demonstration in Klagenfurt/Celovec am 8. Mai 2010

Das Interregionale Forum der Europäischen Linken im Alpen-Adria-Raum hat eine Arbeitgemeinschaft gegründet, um am 65. Jahrestag des Ende des Nationalsozialismus und Zweiten Weltkriegs in Kärnten/Koroska eine groß angelegte antifaschistische Demonstration zu planen.
Wann

06.05.2010 23:00 bis 07.05.2010 23:00 (CET / UTC200)

Bundesland

Kärnten

Wo

kaernten

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Das Interregionale Forum der Europäischen Linken im Alpen-Adria-Raum, Mitgliedsparteien der Europäischen Linken, die Kärntner "Arbeitsgemeinschaft 8. Mai" sowie Organisationen, Gruppen und Personen, die sich der Plattform "8. Mai 2010" anschließen, werden am 8. Mai 2010 in Klagenfurt/Celovec anlässlich des 65. Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus eine breite antifaschistische Demonstration mit Teilnehmenden aus Österreich, Italien und Slowenien, sowie Gästen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern veranstalten. Die Demonstration wird mit der Enthüllung eines "Sieben-Tage-Denkmals der Zehntausend" abgeschlossen werden, als Erinnerung an die rund 10.000 Menschen – Widerstandskämpfer und Widerstandskämpferinnen, sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen, Euthanasie-, Gestapo-Opfer, SlowenInnen, Juden und Jüdinnen, Zeugen Jehovas, Roma und Sinti, Deserteure, Homosexuelle, politisch Verfolgte und andere –, die in Kärnten durch den Nationalsozialismus ihr Leben verloren haben. Am Tag zuvor, d. h. am 7. Mai, findet eine ganztätige Beratung zum Thema "Politik des Erinnerns – Politik für heute" statt, bei dem nationale und internationale Aspekte der Erinnerungspolitik vor dem Hintergrund der tiefgreifenden sozialen Krise diskutiert und entsprechende weitere – Partei- und Staatsgrenzen überschreitende – Aktionsmöglichkeiten besprochen werden.

Vieles motiviert uns, diese Manifestation zu planen:

Das antifaschistische Erbe des europäischen Widerstandskampfes ist gefährdet. Es droht, zwischen weitgehender Gleichgültigkeit, stiller oder unverhohlener Einführung xenophober politischer Maßnahmen einerseits, sowie rechtsextremer, nationalistischer Politik andererseits, die fallweise bereits zum Bestandteil regierungsamtlicher Politik geworden ist, zerrieben zu werden. Dies ist auch der gemeinsame Nenner und das grundlegende Kennzeichen der Politik, die seit einigen Jahren in der Alpen-Adria-Region durchgesetzt wird, das heißt, im Rahmen der EU-Region, die unter neoliberalen Vorzeichen geformt werden soll. Rechte Regierungen und postfaschistische Parteien in den ehemaligen realsozialistischen Staaten bemühen sich – teilweise mit Erfolg –, die Kollaboration mit dem Nationalsozialismus und Faschismus von damals nachträglich zu legitimieren. Dabei werden sie durch die Tendenz europäischer revisionistischer Erinnerungspolitiken unterstützt, die sich schon lange damit abrackern, das NS-Verbrechen in einer allgemeinen Opfergeschichte des 20. Jahrhunderts aufgehen zu lassen. Der Faschismus der Gegenwart kommt zwar – in der Regel – nicht in historischen Kostümen daher, sondern in neuen Gewändern; dennoch ist in seinen Handlungen und Programmen unschwer dieselbe rassistische und sozialdemagogische Orientierung zu erkennen, die auch dem Nationalsozialismus Massenwirksamkeit verschafft hat. Auch damals wurde dies möglich, weil allgemeine wirtschaftliche Krise, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit unter der Mehrheit der Bevölkerung sowie der Verfall der Werte der Solidarität auf ähnliche Weise miteinander verbunden waren wie heute

Österreich gründet auf der Befreiung durch die Alliierten, auf dem Widerstandskampf und auf dem Staatsvertrag von 1955; das Verbot nationalsozialistischer und rassistischer Propaganda, der Ausschluss deutschnationaler Orientierung aus staatsrechtlicher Sicht, die Gewährleistung von Minderheitenrechten im Artikel 7 sind Ausdruck des verfassungsmäßigen antifaschistischen Auftrags, der als Ergebnis des Widerstands gegen den Nationalsozialismus festgeschrieben wurde. Diese Verfassungsrealität wird durch die politische Realität Österreichs konterkariert – unter anderem durch die rassistische Asylpolitik der Rechtsparteien und der Regierung, durch die minderheitenfeindliche Kärntner Landespolitik und durch die Tatsache, dass ein bekennender Deutschnationaler Parlamentspräsident eines Staates sein kann, der erst durch die Überwindung des Deutschnationalismus zum Staat werden konnte. Was auf europäischer Ebene in den letzten Jahren abläuft, ist in Kärnten seit Jahrzehnten der Standard rechter Landespolitik: die Umdeutung der Nazikollaboration zur "heimattreuen" Tätigkeit, zur angeblichen Verteidigung gegen die "Gewalt" der Widerstandsbewegung. In diesem ideologischen und erinnerungskulturellen Sumpf gedeiht der Kärntner Rechtsextremismus, die Verfassungskriminalität der Landesspitze. Hier zieht die Rechte ungeniert und unbehelligt Nutzen aus der krisenhaften Situation, indem sie rücksichtlose, neoliberalistische Privatisierung und Abzocke mit Sozialdemagogie, postfaschistischer Erinnerungspolitik, Rassismus und Deutschnationalismus verbindet – und auf diese Weise zur hegemonialen Kraft im Lande geworden ist.

Darum werden wir die Demonstration am 8. Mai 2010 in der Kärntner Landeshauptstadt durchführen: Gegen die Erhebung rechtsextremer Politik zu einer Variante "normaler" Politik, gegen die Anpassungsbereitschaft der Koalitionspolitiker und -politikerinnen, sowie für den respektvollen Umgang mit dem europäischen und österreichischen antifaschistischen Erbe; für die Wende zu sozialer Politik, die Minderheitenrechte, Kultur und Menschenrechte stärkt. Wir rufen alle antifaschistisch und sozial orientierten Personen, Organisationen und Parteien auf, die Beratung und die Demonstration zu unterstützen, sich in die Vorbereitungen einzubringen und sich daran zu beteiligen. Wir, die OrganisatorInnen der Beratung und der Demonstration, stimmen grundsätzlich mit dieser allgemeinen Schilderung der aktuellen historischen Situation überein. Darum wird es uns nicht schwerfallen, gemeinsame Forderungen zu entwickeln, die an das EU-Parlament, an die österreichische Bundesregierung sowie an die Regierungen in der Region Alpe-Adria gerichtet werden.

Wollen Sie auch zur/m UnterstützerIn werden oder sich unterstützende Personen und Organisationen oder andere Infos zum Vorhaben ansehen?

http://www.0805.eu