27. Jänner: Internationaler Holocaust-Gedenktag

Am 27. Jänner wurde das KZ Auschwitz befreit. Dieser Tag ist deshalb in vielen Ländern ein wichtiger Erinnerungstag. Österreich begeht den 5. Mai als nationalen Gedenktag.

Über den Gedenktag

Anlässlich des 60. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz erklärte die Generalversammlung der Vereinten Nationen 2005 den 27. Jänner zum "International Holocaust Remembrance Day" (Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust).

Darin erklärt die Generalversammlung, „dass der Holocaust, bei dem ein Drittel des jüdischen Volkes sowie zahllose Angehörige anderer Minderheiten ermordet wurden, auf alle Zeiten allen Menschen als Warnung vor den Gefahren von Hass, Intoleranz, Rassismus und Vorurteil dienen wird“. Die Resolution fordert „die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Erziehungsprogramme zu erarbeiten, die die Lehren des Holocaust im Bewusstsein künftiger Generationen verankern werden, um verhindern zu helfen, dass es in der Zukunft wieder zu Völkermordhandlungen kommt“ und „verurteilt vorbehaltlos alle Manifestationen von religiöser Intoleranz, Verhetzung, Belästigung oder Gewalt gegenüber Personen oder Gemeinschaften auf Grund ihrer ethnischen Herkunft oder religiösen Überzeugung, gleichviel wo sie sich ereignen“.

Seit einigen Jahren finden in Österreich und zahlreichen anderen Ländern Gedenkveranstaltungen um den 27. Jänner statt.

Österreichisches Gedenken im Wandel

Der Internationale Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner erinnert an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. Das KZ Auschwitz-Birkenau ist das Synonym für die industrielle Massenvernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden und nimmt damit eine herausragende Stellung in der Erinnerung an den Holocaust ein. Der Gedenktag an den Holocaust (hebräisch: Shoah) steht für die weltweite Erinnerung an die Opfer des nationalsozialistischen Antisemitismus und Rassismus und trägt diese Bedeutung auch im Titel.

Roman Herzog, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, erklärte im Jänner 1996 den 27.01 zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Österreich hat sich 1997 mit einem Beschluss des Nationalrates nicht für den 27. Jänner als Holocaust-Gedenktag entschieden, sondern für den 5. Mai, den Tag der Befreiung des KZ Mauthausen, als jährlich zu begehender nationaler „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“.  Österreich entschied sich dafür, den Begriff Holocaust aus dem Namen des Gedenktages am 5. Mai zu streichen. Stattdessen wird im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus das Augenmerk auf den Kampf gegen Gewalt, Rassismus und Antisemitismus gelegt. Somit soll das Gedenken und Erinnern zur Stärkung der demokratischen Grundrechte beitragen.

Hintergrundinformationen zum Gedenktag 5. Mai: - Link

 

Konzentrationslager Auschwitz

Am 27.01.1945 befreiten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz. Hier ermordeten die Nationalsozialisten zwischen 1940 und 1945 mehr als eine Million Menschen. Im Herbst 1941 kam es zur ersten Menschentötung durch Giftgas, die Krematorien und Gaskammern wurden mit Beteiligung österreichischer Architekten nach und nach ausgebaut.   Die als Jüdinnen und Juden Verfolgten machten die größte Opfergruppe aus. Insgesamt wurden in Auschwitz nach Schätzungen des DÖW zufolge etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet: rund 1 Million Jüdinnen und Juden, ca. 21.000 Roma und Sinti, 15.000 sowjetische Kriegsgefangene und mehr als 80.000 aus politischen und anderen Gründen nach Auschwitz Deportierte.

Am 17. Juli 1942 führte ein Deportationszug mit etwa 1.000 Menschen von Wien direkt nach Auschwitz, 4.100 ÖsterreicherInnen wurden vom KZ Theresienstadt und 500 Personen in Einzeltransporten dorthin deportiert. Insgesamt wurden 2900 österreichische Roma und Sinti nach Auschwitz deportiert. Wieviele ÖsterreicherInnen aus anderen Ländern oder Lagern dorthin deportiert wurden, kann nicht genau festgestellt werden.

 

Besuch der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und der österreichischen Länderausstellung mit Schulklassen

Im Oktober 2021 wurde die neu gestaltete österreichische Länderausstellung an der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau eröffnet. Um eine zielführende und planvolle Begleitung und Integration eines Gedenkstätten- und Ausstellungsbesuchs in den Unterricht zu ermöglichen, hat ERINNERN:AT im Auftrag des Bildungsministeriums ein Set an Unterrichtsmaterialien entwickelt, das themenspezifische Anknüpfungspunkte an die neue österreichische Länderausstellung bietet und die Exkursion an die Gedenkstätte in den Unterricht einbettet. Die Materialien entstanden in enger Zusammenarbeit mit den KuratorInnen der Ausstellung und in Kooperation mit dem Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, der die Neugestaltung der Länderausstellung in Auschwitz organisiert hat und für deren Erhalt zuständig ist.

Kern der Unterrichtsmaterialien sind sieben Lernmodule mit themenspezifischen Anknüpfungspunkten zu den Fächern Geschichte und Politische Bildung, aber auch Deutsch, Religion, Bildnerische Erziehung und Musik ab der 10. Schulstufe. Die Lernmaterialien enthalten Lebensgeschichten, Bilder und Objekte, von denen die SchülerInnen einigen auch in der Ausstellung begegnen werden. Darüber hinaus können die Materialien auch unabhängig von einem Besuch der Gedenkstätte im Unterricht angewandt werden.

Zu den Lernmaterialien 

ZeitzeugInnen über Auschwitz – über Auschwitz unterrichten

In unserem Online-Interviewarchiv weiter_erzählen finden sich mehrere Gespräche mit Menschen, die in Auschwitz und in Außenlagern inhaftiert waren. Für die meisten Überlebenden bedeutete die anstehende Befreiung des Lagers, dass sie vorher auf Todesmärsche in Richtung Westen geschickt wurden und erst Monate später die Befreiung erlebten. Die Interviewten erzählen über ihre Haft im Lagerkomplex Auschwitz. Sie alle verloren Familienmitglieder im Holocaust oder im Genozid an den Roma und Sinti.

 

Leo Luster

 

Interview mit Leo Luster 2011 - Interview auf weitererzaehlen.at ansehen

Leo Luster wurde 1927 in Wien in eine jüdische Familie geboren. Ab 1942 war er mit seiner Familie im Ghetto und Konzentrationslager Theresienstadt inhaftiert. 1944 kamen Luster und sein Vater in Auschwitz-Birkenau an, wo sein Vater ermordet wurde; Luster leistete im Auschwitz-Außenlager Gleiwitz Zwangsarbeit und wurde 1945 auf einen Todesmarsch geschickt. Soldaten der Roten Armee befreiten ihn im Außenlager Blechhammer. Luster und seine Mutter, die in Theresienstadt überlebt hatte, gelangten über Umwege in die amerikanische Zone nach Deggendorf, Bayern, von wo sie auswandern wollten. 1949 gelang ihnen schließlich die Emigration nach Israel. Dort gründete Luster eine Familie, arbeitete für eine jüdische Wohlfahrtsorganisation und für die österreichische Botschaft. Nach seiner Pensionierung war er Vorstandsmitglied des Zentralkomitees der Juden aus Österreich in Israel. Er verstarb 2017. Im Archiv befinden sich Interviews mit Luster aus drei verschiedenen Sammlungen: - link

 

 

Ester Tencer

 

 Interview mit Ester Tencer 1989 - Interview auf weitererzaehlen.at ansehen

Ester Tencer wurde 1909 als Ester Kornmehl in Ryglice/Galizien, heute Polen, in eine jüdische Familie geboren; 1914 siedelten sie nach Wien über. Ab 1934 war sie in der zu dieser Zeit bereits verbotenen Kommunistischen Jugend aktiv. Tencer, ihre Mutter und Schwestern flüchteten nach 1938 nach Antwerpen, Belgien. Dort leistete sie im Rahmen der „Mädelarbeit“ der Kommunistischen Partei Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Sie und Genossinnen versuchten, deutsche Soldaten dazu zu bewegen, den Krieg zu sabotieren; 1943 wurde sie festgenommen und inhaftiert, 1944 nach Auschwitz deportiert. 1945 erreichte sie mit einem Todesmarsch das KZ Ravensbrück. Tencer sagte nach dem Krieg als Zeugin im Warschauer Prozess gegen Rudolf Höß, Lagerkommandant des Vernichtungslagers Auschwitz, aus. Mehrere von Tencers Familienmitgliedern wurden im Holocaust ermordet. 1947 kehrte sie nach Wien zurück; sie war lange Jahre ehrenamtliche Mitarbeiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW). Sie verstarb 1990. Auf weiter_erzählen gibt es zwei Audiointerviews mit ihr aus der Sammlung des DÖW und ein Video-Interview: - link

 

 

Ceija Stojka

 

 Interview mit Ceija Stojka von 2003 - Interview auf weitererzaehlen.at ansehen 

Ceija Stojka wurde 1933 in Kraubath in der Steiermark in eine Familie, die den Lovara-Roma angehörte, als Margarethe Horvath geboren. Ihr Vater wurde 1941 von Wien in das KZ Dachau deportiert und später in der Euthanasieanstalt Hartheim ermordet; Stojka war ab 1943 mit ihrer Mutter und mehreren Geschwistern in den Lagern Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück und Bergen-Belsen inhaftiert. Nach der Befreiung kehrte sie nach Wien zurück, wo sie als Schriftstellerin und bildende Künstlerin tätig war. Ihre Autobiographie gilt als eines der frühesten Werke von Überlebenden des Auschwitzer „Zigeunerlagers“.  Als Zeitzeugin sprach sie an Schulen und auf öffentlichen Veranstaltungen wie dem Projekt „Die letzten Zeugen“. Stojka verstarb 2013. Auf weiter_erzählen findet sich ein Interview, das Schülerinnen mit ihr geführt haben: - link

 

Links und weitere Materialien:

Yad Vashem Materialien zum 27.01. - link

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR): Übersicht über “Holocaust Memorial Days in the OSCE Region - An overview of governmental practices” - link

Gedenkfahrten für österreichische Schulen nach Auschwitz:
„March of Remembrance and Hope – Austria“ (MORAH) - link

Beschluss der UN-Generalversammlung zum Holocaust-Gedenken (2005): Auf Deutsch I auf Englisch

DÖW Ausstellung über Auschwitz - link

ZeitzeugInnen berichten über Auschwitz - link

Archivquellen der österreichischen Mediathek zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust: - link

Die Lern-DVD "Das Vermächtnis" von ERINNERN:AT bietet das Modul "Deportation, Lager, Massenmord" mit Hintergründen, Fakten, Quellen und Arbeitsimpulsen: - link