Stadt im Krieg

Rüstungsbetrieb unter höchster Geheimhaltung – die Halleiner Eugen-Grill-Werke. Sonderausstellung im Keltenmuseum Hallein
04.09.2011   -  29.02.2012   |  

Die Sonderausstellungsreihe Halleiner Stadt­geschichte(n) wird mit einer Schau über die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen von den letzten Jahren der Monarchie bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs fortgeführt. Der thematische Schwerpunkt umfasst die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 und stellt den größten Rüstungsbetrieb des Landes Salzburg während des „Dritten Reichs“, die Eugen-Grill-Werke, in den Mittelpunkt. Noch heute trägt das Gebäude der ehemaligen Tabakfabrik in Hallein die Aufschrift „Eugen-Grill-Werke“. Nur wenig bekannt ist, dass sich hier der größte Rüstungsbetrieb des Landes Salzburg im „Dritten Reich“ etabliert hatte, für den in den letzten Kriegsjahren ein weitläufiges Stollensystem für eine geheime Untertageproduktion angelegt wurde. 
 
Der Schwerpunkt der Präsentation liegt auf dem Leben und Arbeiten in Hallein in der Zeit zwischen der Spätphase der Habsburgermonarchie und dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Diktatur. Bisher noch nicht ausgewertete Quellen wie jene über die Bombardierung der Stadt in den letzten Kriegswochen beziehungsweise andere über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs dienen als Quellen für die dokumentarische Darstellung.
 
Stadt im Krieg ist keine Kriegsausstellung, in der vorwiegend Waffen und Uniformen zu sehen sind. Vielmehr wird auf die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen in der Stadt Hallein und Umgebung eingegangen. Zeitzeugenberichte dienen als Fenster in eine der wohl schrecklichsten Zeiten in Europa. Bildmaterial aus dem BMW-Archiv und aus Privatsammlungen zeigen die Gegebenheiten im und rund um den Rüstungsbetrieb.
 
Ausstellungsschwerpunkte

Innerhalb weniger Jahrzehnte ging die Habsburgermonarchie unter, verschärften sich die nationalistischen Gegensätze, wechselte die Staatsform mehrmals und wurden Europa und viele Länder anderer Kontinente durch einen verblendeten Diktator 20 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg in ­einen noch schrecklicheren Krieg gestürzt.
 
In den ersten Jahren der jungen Republik stand Österreich vor gewaltigen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die auch in der Entwicklung der Stadt Hallein ihren Niederschlag fanden.
 
Die Zeit zwischen den Weltkriegen war eine Zeit von nahezu permanenter politischer Spannung, die in der Zerschlagung der Demokratie gipfelte und nach den Ereignissen des Februar 1934 in die Diktatur des Ständestaats führte.
 
Der „Anschluss“ Österreichs im März 1938 brachte ein neues politisches System, dessen Versprechungen von vielen voller Hoffnung aufgenommen wurden. Schon bald zeigte sich jedoch das wahre Gesicht der neuen Ordnung, die sich mit den Mitteln des politischen und gesellschaftlichen Terrors etablierte und schon nach kurzer Zeit den blutigsten Krieg in der Geschichte Europas vom Zaun brach.
 
Auf dem Höhepunkt des Schreckens, in den letzten Kriegswochen des Zweiten Weltkriegs, wurde mit allen Mitteln versucht, die bereits besiegelte Niederlage zu ignorieren. Der aus ideologischen Motiven vorangetriebene Wahnsinn gipfelte in Hallein in der Inbetriebnahme eines unter höchster Geheimhaltung eingerichteten unterirdischen Rüstungsbetriebs noch im März 1945. Im Vorfeld wurde innerhalb weniger Monate unter der Leitung der „Organisation Todt“ (OT) ein über 8000 Quadratmeter großes unterirdisches Areal geschaffen, das sogar auf über 20 000 Quad­ratmeter erweitert werden sollte.
 
1943 hatte sich die aus Stuttgart stammende Firma Eugen Grill als Zulieferbetrieb der Bayerischen Motorenwerke in Hallein angesiedelt. Bis zu 1500 Beschäftigte erreichte die Gesamtbelegschaft, unter ihnen auch viele Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter.
 
Die Quellenlage ermöglicht es, die verschiedenen Baumaßnahmen des Werks bis zum Kriegsende zu veranschaulichen und die katastrophale Kriegslage, die nur mehr ein Verwalten des Mangels zuließ, widerzuspiegeln.
 
Das Hauptprodukt des Halleiner Rüstungsbetriebs, das sogenannte Kommandogerät, war ein Steuerungsgerät für BMW-Flugzeugmotoren. Dieses erlaubte es dem Piloten, auf mechanische Weise Funktionen auszulösen, die in heutigen Flugzeugen von einem Computer geregelt werden. Die technische Meisterleistung stand im Dienste einer mörderischen Kriegsmaschinerie. Die Faszination für das in der Ausstellung präsentierte Steuerungsgerät muss deshalb auch immer mit einem Bewusstmachen der brutalen Begleitumstände dieser Neuentwicklung einhergehen.
 
Anfang September 2011 bis Ende Februar 2012
 

Informationen

Keltenmuseum Hallein

Pflegerplatz 5, A-5400 Hallein

täglich 9–17 Uhr

Tel. (+43-62 45) 80 7 83

Führungen nach Anfrage

www.keltenmuseum.at
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Quelle: http://www.simskultur.net/simskultur-kunstraum-12011/stadt-im-krieg

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Salzburg