gedenk_potenziale 2024: Das Projekt „Wortdenkmal“

Christine und Andreas Pavlic präsentieren 4 Wortdenkmäler zum Nationalsozialismus und seiner Vorgeschichte. Sie versinnbildlichen die Begriffe Forschung, Kultur, Provokation, Marmelade. Hinter jedem Wort steht eine Geschichte, hinter jedem Wort stehen Opfer, Täterinnen und Täter und ein Ort in Innsbruck.

gedenk_potenziale 2024: Wortdenkmal

Die Innsbrucker Geschwister Christine und Andreas Pavlic gestalteten die diesjährige Erinnerungs- und Gedenkpolitische Projektreihe gedenk_potenziale der Stadt Innsbruck. Am 5. Mai 2024, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wurden vier Wortdenkmäler der Öffentlichkeit präsentiert und im Rahmen eines Stadtspaziergangs miteinander verbunden. Die temporären Denkmäler – groß, bunt und dreidimensional aus Karton gefertigt – wirken aus der Ferne monumental, aus der Nähe einladend und warm.

Raum nehmen, Lücken füllen, Zusammenhänge herstellen

Die Denkmäler bestehen aus den Wörtern Forschung, Kultur, Provokation, Marmelade. Hinter jedem Wort steht eine Geschichte, hinter jedem Wort stehen Opfer, Täterinnen und Täter und ein Ort in Innsbruck. Zu finden sind die temporären Denkmäler an folgenden Orten:

Kultur: Universitätsstraße/ gegenüber des Tiroler Volkskunstmuseums

  • Marmelade: Kreuzung Gumppstraße/ Amraserstraße
  • Forschung: Franz-Gschnitzer-Promenade/ hinter dem Ágnes-Heller-Haus der Universität
  • Provokation: Schneeburggasse/ Großer Gott

 Über einen angebrachten QR-Code bzw. die Homepage wortdenkmal.at können die Geschichten nachgelesen und nachgehört werden. Auf wortdenkmal.at finden sich auch alle Informationen über das Projekt, zur Eröffnung und dem anschließendem Stadtspaziergang am 5. Mai. An diesem Nachmittag werden die beiden Künstler:innen eine Tour zu allen vier Denkmälern führen und es wird Zeit für Austausch und Reflexion geben.

„Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal. So lautet der zweite Teil des Buchenwaldschwurs. Es ist unsere Auffassung, dass dies mit dem Gedenken an die Opfer der NS-Herrschaft und das Wissen über die im NS-Regime involvierten Institutionen und Personen einhergeht.“ So die beiden Künstler:innen.

Die Auseinandersetzung die im Rahmen dieses Projekts erfolgt, ist jedoch nicht nur auf die Geschichte beschränkt, sondern es wird versucht einen Bogen in die Gegenwart zu spannen. Erinnerung muss auch das Heute berühren, damit sie lebendig bleiben kann. Die Wortdenkmäler sollen dazu anregen.

Die Geschichte hinter den Wörtern

 Was haben die vier Wörter - Forschung, Kultur, Provokation und Marmelade - mit dem Nationalsozialismus zu tun? Diese Frage soll hier kurz beantwortet werden.

Die Begriffe Forschung und Kultur verweisen auf die Institution Universität und die verschiedenen Vereine und Verbände der Volkskultur. Sie waren aktiver Teil des NS-Regimes haben und dessen Ideologie getragen und verbreitet. Aufgezeigt wird dies anhand konkreter Akteur:innen, wie den Leiter des Erb- und Rassenbiologischen Instituts Friedrich Stumpfl oder die Leiterin der „Mittelstelle Deutsche Tracht“ und Trachtenkundlerin Gertrude Pesendorfer.

Die Provokation steht für die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Antifaschist:innen und Nationalsozialist:innen bei der Höttinger Saalschlacht 1932 und die widerständige Kommunistin Thusnelda Bucher. Mit dem Wort Marmelade soll den Opfern des Arbeitserziehungslager Reichenau gedacht werden. Aufgegriffen wird die Geschichte von sieben Häftlingen. Nach Aufräumarbeiten bei einem bombengeschädigten Haus in Pradl, wurde bei einem von ihnen ein Marmeladeglas gefunden. Alle sieben Männer wurden daraufhin wegen „Plünderung“ hingerichtet.

Eingriffe und Zerstörungen

Kaum aufgestellt, waren die Wortdenkmäler Ziel von Eingriffen und Zerstörungen, mehr als einmal. Sie mussten daher frühzeitig abgebaut werden. Die Geschwister arbeiten jedoch am Kunstprojekt weiter. In ihrem Beitrag im Gaismair-Jahrbuch 2025 beschreiben Christine und Andreas Pavlic Inhalt und Ziel der Wortdenkmäler sowie den Umgang mit dem Objekt.

Künstler:innen

 MMag.a Christine Pavlic: 1982 in Innsbruck geboren, lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin und Kulturwissenschaftlerin in Ottensheim bei Linz. www.christinepavlic.com

Mag. Andreas Pavlic M.A.: 1974 in Innsbruck geboren, lebt und arbeitet als Schriftsteller, Redakteur und Kulturarbeiter in Wien. Zuletzt erschien sein historischer Roman „Die Erinnerten“ (2021) der von der Zeit des Faschismus und Nationalsozialismus in Innsbruck handelt.

 gedenk_potenziale 2024: Stadtspaziergang des Projekts „Wortdenkmal“ in Innsbruck am 5. Mai 2024

 

Ablauf

Da die Wortdenkmäler in verschiedenen Stadtteilen von Innsbruck stehen, ist es ein langer Stadtspaziergang. Es werden daher zwei Gruppen gebildet. Für alle, die mit dem Fahrrad fahren wollen, gibt es die Fahrrad-Gruppe und all jene die mit öffentliche Verkehrsmittel fahren, gibt es die Öffi-Gruppe.

Wir (Christine und Andreas Pavlic) werden jeweils eine Gruppe begleiten. Wer nur bei bestimmten Stationen dabei sein möchte, bitte die jeweiligen Treffpunktzeiten beachten. Leichte Verspätungen sind möglich. Wir versuchen jedoch pünktlich zu sein. Der genaue Standort der Wortdenkmäler findet sich auf der Karte, die demnächst auf folgender Homepage erscheinen wird: wortdenkmal.at

Für alle die die öffentlichen Verkehrsmitteln benutzen werden, bitte beachten, dass es dazwischen Strecken gibt, die wir zu Fuß zurücklegen. Max. Gehzeit werden 10 Minuten sein.

Wer die Öffis benützt und keine Jahreskarte oder dgl. besitzt, sei ein Tagesticket ans Herz gelegt. Kosten: 6,10 Euro

 1. Station Wortdenkmal Kultur

14.00 Uhr Universitätsstraße/ gegenüber dem Tiroler Volkskunstmuseum
ca. 40 Minuten: Was hat Kultur mit dem Nationalsozialismus zu tun? Reden, Input und Gespräch
Abfahrt 14:44, Haltestelle Museumstr., Straßenbahn 3er (2 Minuten Wegzeit zur Haltestelle, Fahrzeit ca. 8 Minuten, Ausstieg Amrasterstr/ Sonnpark, Gehzeit zum Denkmal 30 Sekunden) 

2. Station Wortdenkmal Marmelade

15.00 Uhr  Kreuzung Gumppstraße – Amraserstraße
ca. 30 Minuten: Was hat Marmelade mit dem Nationalsozialismus zu tun? Input und Gespräch
Abfahrt 15:41 Haltestelle Leipzigerplatz, Straßenbahn 2er  (3 Minuten Wegzeit zur Haltestelle, Fahrtzeit Straßenbahn ca. 12 Minuten, Ausstieg Klinik/Uni Brücke, Gehzeit zum Denkmal ca. 5 Minuten)

3. Station Wortdenkmal Forschungen

16.00 Uhr  Franz-Gschnitzer-Promenade/ hinter dem Ágnes-Heller-Haus der Universität
ca. 40 Minuten: Was hat Forschung mit dem Nationalsozialismus zu tun? Input und Gespräch
Abfahrt 16:51 Haltestelle Fürstenweg K (7 Minuten Wegzeit zur Haltestelle, Fahrzeit 7 Minuten, Ausstieg Großer Gott, Gehzeit zum Denkmal 15 Sekunden)

4. Station Wortdenkmal Provokation

17.00 Uhr Schneeburggasse/ Großer Gott
ca. 30 Minuten: Was hat Provokation mit dem Nationalsozialismus zu tun? Input und Gespräch
Anschließend Rückfahrtmöglichkeiten mit dem Bus K oder A ins Zentrum oder wohin auch immer sie wollen.

Aus „Provokation“ wurde „Porno“: Denkmal zur Erinnerung an die NS-Zeit zerstört