Kundgebung: Das Recht auf Stadt. Wolfgang Tschernutter und die Opfer rechter Gewalt

Der Verein zur Förderung des DOWAS und seine Freund*innen erinnern mit der Kundgebung „Das Recht auf Stadt – in Erinnerung an Wolfgang Tschernutter“ an die Umstände seines Todes vor 28 Jahren und weisen gleichzeitig auf die Kontinuität der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse hin.
What Erinnerungskultur Rechtsextremismus/Holocaustleugnung
Wann

25.02.2022 von 17:00 bis 20:00 (Europe/Vienna / UTC100)

Bundesland

Tirol

Wo

Innsbruck: Franz-Gschnitzer-Promenade, Sonnendeck

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Die Tötung des Wolfgang Tschernutter – ein Fanal für die Gegenwart


Kundgebung am 25.02.2022 um 17 Uhr, Franz-Gschnitzer-Promenade, Sonnendeck

Verein DOWAS & Freunde laden ein zu Musik, Text & Rede. Es spielt das 3 Cent Collectiv. Texte von William Faulkner, Paul Celan, Maja Haderlap

Stellungnahme des Vereins zur Förderung des DOWAS:

Der wohnungslose Wolfgang Tschernutter wurde in der Nacht vom 25./26.02.1994 beim Hallenbad Höttinger Au von zwei Jugendlichen mit einem Kantholz schwerst misshandelt. Tage später erlag er seinen Verletzungen. Diese Tat geschah in einem aufgeheizten, von Hass auf sogenannte Sozialschmarotzer, Penner, Sandler oder Punks, geprägten Klima. Dass es einen Zusammenhang zwischen der Tötung Tschernutters und den Kommentaren von Politik und Presse gibt, wurde geleugnet.


Die Verantwortung


1993/1994: Monatelang wetterten Innsbrucker Stadtpolitiker und der Boulevard gegen die Unterstandslosen, derer man mit „Putz und Stingl“ habhaft werden und aus dem öffentlichen Raum entfernen müsse. Armut, Wohnungs- und Arbeitslosigkeit wurde in der öffentlichen Debatte als krimineller Sachverhalt diskreditiert, ein härteres Vorgehen gegenüber dem „arbeitsscheuen Gesindel“ gefordert.


Widerstand gegen die Normalität
In Innsbruck will man damals die Geschehnisse nicht hinnehmen, es formiert sich breiter Widerstand gegen die rechte Hetze. Um die Tötung Wolfgang Tschernutters und die damit verbundenen gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht dem Vergessen preis zu geben, wird ein „antifaschistisches Denk-mal“ errichtet (siehe Foto unten). Die Jahre vergehen, die Bedeutung des Denkmals und die Erinnerung an die Tat verblassen.


Die Gegenwart


Knapp 30 Jahre später sehen wir uns mit einer Realität konfrontiert, in der die gesellschaftliche Ausgrenzung, die Vertreibung und das Recht des Stärkeren nicht aus der Welt geschafft wurden. Die verschiedenen Methoden des sozialen Ausschlusses wie Alkoholverbotszonen, Nächtigungs- und Bettelverbote zielen bewusst auf marginalisierte Bürger*innen. Die Zumutungen der Pandemie zeigen eindrucksvoll, dass wir nicht alle im gleichen Boot sitzen: Wohnungslose verfügen über keinen adäquaten privaten Ort, der ihnen Schutz bietet, Notreisende sehen sich gezwungen, ihren Broterwerb aufzugeben. Eine Stadt hat die Pflicht zur Entprovinzialisierung (Theodor Adorno), in der das Recht auf Differenz und Zentralität Wirklichkeit wird, jenseits der Dominanz von ökonomischen Verwertungsidealen (Henri Lefebvre) und Disneyfizierung (David Harvey).