„Jüdisches Leben in Wien“ – eine Podcast Empfehlung für den Unterricht und für alle Interessierte

In ihrem neuen zweiteiligen Podcast „Jüdisches Leben in Wien“ zeigen die beiden Podcasterinnen Julia Breitkopf und Jana Mack von "INSELMILIEU die Reportage" wie vielschichtig und divers das jüdische Leben in unserer Stadt ist.

Mit ihren preisgekrönten INSELMILIEU Reportagen geben die beiden Journalistinnen Julia Breitkopf und Jana Mack Einblicke in unterschiedliche Lebenswelten. Unter dem Motto “wir holen dich aus deiner Bubble raus” laden sie per Podcast und Fotoreportage, mittels Veranstaltungen und Social Media zu einer Reise in verschiedene Milieus ein - zu Menschen, mit denen man im Alltag selten ins Gespräch kommt. 2023 gründeten sie das Medienunternehmen www.inselmilieu-reportage.at.

„Vor der Recherche kannten wir keine jüdischen Personen in Wien und wussten kaum etwas über das Judentum bzw. das kulturelle Judentum. Wir haben viel gelernt!“

So geht es doch vielen von uns: Wenn wir über Jüdinnen und Juden sprechen, neigen wir dazu, die Diskussion auf die Shoah oder das religiöse Judentum zu beschränken. Wir thematisieren verschwundene jüdische Gemeinden, die von den NationalsozialistInnen ausradiert wurden. Das ist wichtig, denn es liegt in unserer Verantwortung zu erinnern.

Doch wir sollten den Blick auch auf die Gegenwart richten – so wie es die INSELMILIEU Reportage tut. Der Podcast zeigt die vielschichtigen Facetten des jüdischen Lebens in Wien, erklärt grundlegende Traditionen und stellt Menschen vor, die ihre Kultur auf unterschiedliche Weise leben. Im zweiten Teil beleuchtet der Podcast zudem die Zäsur des 7. Oktober 2023 und deren Auswirkungen – nicht nur auf die jüdische Community in Wien, sondern auf uns alle.

„Es geht uns darum, unseren Horizont zu erweitern, neue Perspektiven und Blickwinkel zu gewinnen und dabei vor allem auch bestehende Vorurteile abzubauen – sowohl bei unserem Publikum als auch bei uns selbst. Uns ist wichtig, nicht nur über Menschen zu sprechen, sondern mit ihnen – und dabei eine Atmosphäre zu schaffen, die es ermöglicht, sich auf Augenhöhe auszutauschen.“

INSELMILIEU Reportage versteht sich als interaktiver, nahbarer Journalismus, der ohne reißerische Schlagzeilen auskommt. Das Ziel der Podcasterinnen ist es, nicht nur Geschichten über Menschen zu erzählen, sondern die Menschen selbst, in ihren eigenen Worten und mit ihren eigenen Perspektiven zu Wort kommen zu lassen. Jana und Julia tauchen bewusst in verschiedene Lebensrealitäten ein und setzen sich mit ihrer unmittelbaren Umgebung auseinander.

Über die Entstehung der Podcast-Folge „Jüdisches Leben in Wien“ sagen die beiden:

„Auch bei dieser Folge haben wir uns bewusst treiben lassen und die Begegnungen vor Ort als Ausgangspunkt genommen. Ein zentraler Ort unserer Recherche war ein jüdischer Supermarkt in Wien, wo wir viel Zeit verbracht, Arbeitstreffen abgehalten und einfach beobachtet haben, was passiert. Uns war wichtig, in die Atmosphäre einzutauchen, Gespräche entstehen zu lassen und so einen authentischen Einblick zu bekommen.“

Parallel dazu standen Jana und Julia im Austausch mit verschiedenen Menschen aus der jüdischen Community und haben von Anfang an den Anspruch gehabt, die Vielfalt jüdischen Lebens in Wien abzubilden. Wichtig dabei ist den Podcasterinnen, dass es nicht zu stereotypen Darstellungen kommt, sondern verschiedene Perspektiven augenscheinlich werden. Dabei greifen sie auch auf Feedback von Institutionen wie dem Jüdischen Museum oder ERINNERN:AT-Wien zurück, um sicherzugehen, dass sie differenziert und sensibel berichten.

Das Feedback des Publikums spielt eine große Rolle im Entstehungsprozess. Jana und Julia arbeiten mit einer Art „Community-Redaktion“: Bereits während der Produktion lassen sie viele verschiedene TesthörerInnen (so wie auch mich) die Folgen anhören, um ein möglichst breites Spektrum an Perspektiven einzuholen. Dadurch entstehen immer wieder Anpassungen und Ergänzungen, die den Podcast prägen und weiterentwickeln.

Mit diesem Podcast können wir unseren SchülerInnen einen Zugang zu Lebensrealitäten ermöglichen, die ihnen vielleicht noch nicht bekannt sind – und so einen Prozess anstoßen, der dem der Podcasterinnen ähnelt: sich immer wieder mit eigenen Vorurteilen und Denkmustern auseinanderzusetzen. Der Podcast eignet sich als Impuls für die Fächer Ethik, GSK und Politische Bildung sowie für den Religionsunterricht, um das Spannungsfeld zwischen Religion, Kultur und Tradition zu diskutieren und kritisch zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Ausstellung „G*tt. Die großen Fragen zwischen Himmel und Erde“ im Jüdischen Museum Wien hingewiesen. Dort lassen sich zusätzlich Fragen erkunden, etwa wie mit konfessioneller Religiosität in einer westlichen und individualisierten Gesellschaft umgegangen wird – Fragen, die oft mehr als „nur“ eine religiöse Antwort haben.

Sie sind keine Lehrkraft, aber wollten immer schon einmal einen queeren Rabbi, einen Übersetzer, der "Die Siedler von Catan" ins Hebräische übertragen hat, oder einen Religionswissenschaftler, der früher bei der NASA war, kennenlernen?

Hier gelangen Sie zur Podcast-Folge: https://www.inselmilieu-reportage.at/juedischesleben
Teil 2 des Podcasts „Jüdisches Leben in Wien“ erscheint in den nächsten Wochen. 

Julia Breitkopf und Jana Mack haben sich auch schon 2023 in einer zweiteiligen Podcast-Folge mit Erinnerungskultur auseinandergesetzt. Sie stellten sich die Fragen: Wie erinnern wir uns - in Unternehmen, in Familien oder an ehemaligen Unrechtsorten in der Stadt? Wie genau wollen wir als nachfolgende Generationen in einem TäterInnenland wissen, was damals geschah? Was geschah in der Ankerbrotfabrik während der NS-Zeit? Warum erinnert sich kaum jemand an die ungarisch-jüdischen ZwangsarbeiterInnen, die während der NS-Zeit in der Brotfabrik ausgebeutet wurden?

Hier gelangen Sie zu den Podcast-Folgen: https://www.inselmilieu-reportage.at/die-ankerbrotfabrik-waehrend-der-ns-zeit

Ein Schulprojekt an der BAfEP Wien 10, bei dem SchülerInnen einen Erinnerungsweg durch ihren Schulbezirk gestalteten, befasste sich ebenfalls mit ungarisch-jüdischer Zwangsarbeit in der Ankerbrotfabrik. Interviews aus dem Yad Vashem Archiv mit ZeitzeugInnen, die im Jahr 1944 als Kinder in der Schrankenberggasse 32 interniert waren, sind auf der Website des Schulprojektes abrufbar.

Die Website bietet auch Unterrichtsmaterialien: https://www.bafep10.at/erinnerungsweg-station-2/