"Einfach weg. Romasiedlungen im Burgenland" von Gerhard Baumgartner und Herbert Brettl
Burgenlandes etwa 120 Romasiedlungen mit einer Einwohnerzahl zwischen zehn und 300 Personen. Ihre historischen Wurzeln reichten in zahlreichen Fällen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Nur einige wenige dieser Siedlungen sind heute noch existent.
Über 400 historische Bildquellen und Dokumente — zusammengetragen aus österreichischen sowie ungarischen Archiven und ergänzt durch lokalhistorisches Material aus einer Vielzahl von privaten und lokalen Sammlungen — dokumentieren die Geschichte dieser Romasiedlungen im 18., 19. und 20. Jahrhundert.
Für viele Jahrzehnte prägten die zahlreich erhaltenen Bilder der Polizeifotografen der Zwischenkriegszeit das in der österreichischen Öffentlichkeit vorherrschende Bild von der Minderheit der Roma und Sinti. In der Zusammenschau mit Bilder aus den Familienalben der überlebenden burgenländischen Roma sowie den Aufnahmen interessierter Völkerkundler und engagierter Fotografen entsteht ein neues, facettenreiches Bild von der Lebenswirklichkeit der burgenländischen Roma vor 1938 — abseits jeglicher „Zigeunerromantik“.
Die Beschreibung der einzelnen Romasiedlungen spannt einen Bogen von den ersten historisch belegbaren Daten über die Verfolgung und Zerstörung während der NS-Zeit bis zur Situation der Überlebenden nach 1945. Die Dokumentation versteht sich als Beitrag zur burgenländischen Landesgeschichte, vor allem aber auch zur Lokalgeschichte der burgenländischen Gemeinden. Gleichzeitig dokumentiert sie den österreichischen Teil der wenig bis gar nicht bekannten Geschichte der mehrheitlich sesshaften Romabevölkerung Mitteleuropas.
Das Buch von Herbert Brettl, _erinnern.at_-Burgenland, und Gerhard Baumgartner, Leiter des DÖW, dokumentiert die Romasiedlungen und ihre Zerstörung durch den Nationalsozialismus.
Auszug aus dem Buch: Zur Verfolgung der Roma/Romnija in Rohrbach bei Mattersburg
„[…] Das weitere Schicksal der Rohrbacher Roma ist ungewiss, viele dürften den nationalsozialistischen Völkermord nicht überlebt haben. Einige Überlebende kehrten nach 1945 nach Rohrbach zurück, darunter die Taglöhnerin Anna Mikats, geb. 1907 in Walbersdorf. Sie war 1939 nach Ravensbrück verschleppt worden, wo sie als Zwangsarbeiterin bis 1944 blieb. Danach war sie in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Mauthausen inhaftiert, bis sie 1945 befreit wurde. Sie kehrte nach Rohrbach zurück und verstarb dort 1969. Ihr Mann Johann Horvath, geb. 1904 in Rohrbach, überlebte das KZ Mauthausen und kehrte nach seiner Befreiung in seinen Heimatort zurück. […]“
Mörbisch
"Einige Roma, wie beispielsweise Tobias Karoly, seine Gattin und seine beiden in Haft geborenen Kinder, überlebten das Lager Lackenbach. Sie waren zumeist außerhalb des Lagers auf Gutshöfen zur Zwangsarbeit eingesetzt und wurden im April 1945 von der Roten Armee befreit. Nur wenige Mitglieder der Volksgruppe der Roma konnten in anderen Konzentrationslagern überleben.
Einige Roma kehrten nach der Befreiung wieder nach Mörbisch zurück. Die Gemeinde Mörbisch bestätigte im Jahr 1948: 'Die überlebende Juliane Karoly war vom 26. Juli 1939 bis 30. April 1945 im Konzentrationslager, besitzt kein Vermögen und hatte bei ihrer Rückkehr nur das an Kleidern, Wäsche und Schuhe, was sie am Körper trägt.'
Die Häuser der Romasiedlung waren in den 1940er Jahren von der Gemeinde abgerissen worden. Die Rückkehrer wurden daher von der Gemeinde teilweise in einer Gemeindewohnung untergebracht, später teilte man ihnen rund 150m außerhalb des Ortes am so genannten „Schussplatz“ ein Grundstück zu. […]"
Trausdorf
"Walpurga und ihre Schwester Stefanie Horvath wurden bei Kriegende im Konzentrationslager Bergen-Belsen, wohin man sie von Ravensbrück verschleppte, im April 1945 von britischen Soldaten befreit. Man brachte die an Typhus erkrankten im Mai 1945 nach Schweden, wo sie in einem Erholungsheim gesund gepflegt wurden. Erst im Oktober 1946 kamen sie von dort wieder nach Trausdorf zurück".
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