Nachruf: ERINNERN:AT trauert um Kurz Rosenkranz

Am 13. März 2024 verstarb der langjährige Zeitzeuge und Gründer des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung, Kurt Rosenkranz, im Alter von 96 Jahren.

Kurt Rosenkranz wurde 1927 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren. Die Familie flüchtete nach dem „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich nach Riga und überlebte sechs Jahre in einem sowjetischen Gefangenenlager. 1946 kehrte er nach Wien zurück, wo er sich Jahre lang für die Pflege und Vermittlung jüdischer Traditionen engagierte. 1989 gründete Kurt Rosenkranz das Jüdische Institut für Erwachsenenbildung und trat eine rege Tätigkeit als Erwachsenenbildner und Zeitzeuge an Schulen an.

Ein „leidenschaftlicher Wiener“, der mit viel Glück die Shoah in der ehemaligen Sowjetunion überlebte und 1946 nach Wien zurückkehrte

Kurt Rosenkranz wuchs im 20. Bezirk in einem frommen jüdischen und sehr musikalischen Elternhaus auf. Seine Kindheit beschrieb er als froh und behütet, er sei ein regelrechter „Lausbub“ gewesen, der oft den ganzen Tag Fußball auf der Gasse spielte. 1938 erlebte er den „Anschluss“ und erstmals bewusst Antisemitismus. Er und seine Geschwister trauten sich bald kaum mehr aus dem Haus. Sie wurden Opfer von Plünderungen und Gewalt. Im gleichen Jahre erhielt die Familie mit viel Glück Touristenvisa für Lettland und flüchtete nach Riga. 

Nach der Besetzung Lettlands durch die Sowjetunion wurde die Familie in ein sowjetisches Gefangenenlager verschleppt und bis 1946 festgehalten. Kurt Rosenkranz‘ Vater entkam nur knapp dem Tod. Trotz prekärer Verhältnisse im Lager überlebte die Familie unter einfachsten Bedingungen. 1946 kehrte die Familie nach Wien zurück. Die Rückreise dauerte über 60 Tage. Nach acht Monaten im Obdachlosenheim Meldemannstraße bekam die Familie ihre erste Wohnung im 2. Bezirk. Kurt Rosenkranz schloss die Schule ab und arbeitete in der Schuherzeugung. Er heiratete Erika Rosenkranz (geb. Roth), die ebenfalls mit ihrer Familie die Shoah überlebt hatte. Sie bekamen zwei Kinder. 

Kurt Rosenkranz war trotz der Vertreibung seiner Familie leidenschaftlicher Wiener, wie er stets betonte. Er bemühte sich jahrzehntelang um die Förderung des Verständnisses für jüdische Kultur und Geschichte.

Aktiver Zeitzeuge und kritischer Mahner

Viele Jahre war Kurt Rosenkranz über ERINNERN:AT als Zeitzeuge an Schulen aktiv, vor allem in Wien. Der Austausch mit ihm war für Schülerinnen und Schüler wie auch für Erwachsene Gewinn und Inspiration: Neben seiner Lebensgeschichte, über die er offen und persönlich sprach, gab er den folgenden Generationen ebenso mit, wie er nach den schrecklichen Erlebnissen die Freude am Leben zurückgewann. 

Auch zu erinnerungskulturellen Themen bereicherte er den Fachaustausch und mahnte mit stets kritischem Blick auf gesellschaftspolitische Entwicklungen, aus der Vergangenheit zu lernen. Im Jahr 2022 besuchte Kurt Rosenkranz das letzte Mal das Zeitzeuginnen- und Zeitzeugen-Seminar von ERINNERN:AT, in dessen Rahmen er viele Jahre lang in Austausch mit Lehrkräften trat.

Wir danken Kurt Rosenkranz für sein großes Engagement als Zeitzeuge und übermitteln seiner Familie unsere tiefe Anteilnahme. Wir danken auch seiner langjährigen späteren Lebensgefährtin Sylvia Smetiprach für ihre konstante Unterstützung von Kurt Rosenkranz. Kurt Rosenkranz und seine Lebensgeschichte wird vielen Schülerinnen und Schülern in Erinnerung bleiben. Durch die Weitergabe und Dokumentation seiner Erinnerungen werden auch zukünftige Generationen lernen können.

 

Die Lebenserinnerungen von Kurt Rosenkranz besser kennenlernen

Mehr Informationen zum Zeitzeuginnen- und Zeitzeugen-Programm von ERINNERN:AT