Bericht: Yad Vashem Graduate Network Seminar
Die Teilnehmenden lernten an den drei Tagen die Ausstellung der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee Konferenz kennen, setzten sich mit pädagogischen Ansätzen zur Thematisierung von TäterInnen und Täterschaft auseinander und vertieften ihr Wissen über das Gedenken an den Holocaust und Antisemitismus heute.
Das Bundesministerium für Bildung unterstützte zwei Lehrkräfte aus Österreich mit der Übernahme der Fahrtkosten nach und von Berlin. Dieses Angebot erfolgt auf Grundlage der Maßnahme 17 der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus: „Ausweitung der Bildungsangebote für Pädagoginnen und Pädagogen auf aktuelle Herausforderungen im Umgang mit Antisemitismus und Rassismus und Förderung der Kooperation und Austauschmaßnahmen mit internationalen Bildungseinrichtungen, u.a. mit Israel“.
Einer der Teilnehmenden, Markus Tobischek (Lehrer für Deutsch und Geschichte am BG/BRG Mödling Keimgasse) teilt im Folgenden seine persönlichen Eindrücke zum Seminar:
„Internationaler geht kaum"
„'International' ist wohl zutreffend bei 22 TeilnehmerInnen aus 17 Ländern, und alle Yad-Vashem Graduates – hinzu kam noch Elad aus Israel, der unser Programm leitete. Zugegeben waren es vor allem diese vielseitigen Zugänge und Perspektiven, die das von 28.-30. März in Berlin im Haus der Wannsee-Konferenz stattfindende Seminar für mich ganz besonders gemacht haben, etwa über nach Südamerika Geflüchtete – Juden ebenso wie Nazis – und den Umgang mit ihnen und ihren Nachfahren von einem Argentinier zu erfahren. Oder von einem Holocaust-Überlebenden in Kanada, der es sich nicht nehmen ließ, ins Flugzeug zu steigen, um den StudentInnen, die ihm nach der Lektüre seiner Erinnerungen Briefe geschickt hatten, ihre Fragen persönlich zu beantworten.
Ich will hier in Anbetracht des Ortes keinesfalls mit protokollarischer Nüchternheit berichten. Ich war zum ersten Mal am Wannsee. Es ist ein schöner, idyllischer Ort. Gesäumt von Villen und Yachtclubs. Man kann erahnen, wie sich im Sommer die Enten und Schwäne ihren Weg zwischen den zahllosen Booten bahnen. War der See im Jänner 1942 zugefroren? Es spielt keine Rolle. Ich sehe die 15 Männer vor mir - sicher auch beeinflusst durch diverse Verfilmungen - wie sie in der als gediegener Entspannungsort für SS-Leute gedachten noblen Villa bei einer „Besprechung mit anschließendem Frühstück“ die Ermordung von 11 Millionen Menschen organisieren. Menschen werden zu Zahlen, die Zahlen werden zu Deportierten, zu Evakuierten, zu Zwangsarbeitern, zu – das „Endlösungsvorhaben“ – Toten. Ermordeten. Das Protokoll der Konferenz kannte ich schon vorher gut. Selbst wenn nicht das Original ausgestellt ist, erhält es hier, wie so oft am Ort des „Geschehens“, dennoch eine ganz andere Dimension. Die Perfidie des Verbrechens wird auf besonders bedrückende Weise spürbar. 4 der 15 Männer werden übrigens nie angeklagt.Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Yad Vashem die Aufenthaltskosten übernommen hat und das Ministerium dankenswerterweise die Fahrtkosten für uns zwei ÖsterreicherInnen. Für mich ein weiterer großer Benefit: die Chat-Gruppe, die mich mit diversen internationalen Informationen zu Ausstellungen, Veranstaltungen etc. am Laufen hält.Ich halte jedenfalls die Augen nach dem nächsten Yad Vashem Seminar offen..."Markus Tobischek