Call for Papers: Internierungslager. Geschichte und Gegenwart der (erzwungenen) Unterbringung und „Verwahrung“ von Geflüchteten

Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge) in Kooperation mit dem Institut für Zeitgeschichte (Universität Wien) und dem Forschungsschwerpunkt „Migration, Citizenship and Belonging“ (Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Wien), Dezember 2020, Wien

Geschichte

Die – vielfach zwangsweise – Unterbringung und Anhaltung von Geflüchteten und Schutzsuchenden in (Sammel-)Lagern stellt nicht erst heute eine Praxis von Staaten zur Regulation und Kontrolle der Bewegung von Menschen über Grenzen hinweg dar. So etwa wurden während des Ersten Weltkriegs zehntausende ZivilistInnen als „feindliche Ausländer“ in Internierungslagern festgehalten. Während des Zweiten Weltkriegs (und auch schon davor) waren jüdische Flüchtlinge und andere Verfolgte des NS-Regimes in zahlreichen europäischen und außereuropäischen Transit- und Zufluchtsstaaten von derartigen Maßnahmen betroffen.
Nach Kriegsende 1945 entstand ein weitverzweigtes Netz an Lagern für Displaced Persons, zu denen unter anderem jüdische Überlebende der Shoah zählten. Auch in den verschiedenen anderen weltweiten Nachkriegskontexten von Flucht und Exil erwiesen sich Lager, unterschiedlich in Form und Typologie, als zentrales Instrument einer Limitierung der Bewegungsfreiheit und der Kontrolle von Flüchtenden.

 

Gegenwart

Unter wiederum anderen Vorzeichen wird heute die Geschichte der Internierung von Geflüchteten und Schutzsuchenden weitergeschrieben: Inner- wie außerhalb Europas werden Modelle, die die Internierung von Geflüchteten vorsehen, diskutiert, erprobt und auch großflächig umgesetzt. Die aktuellen Praktiken der Immobilisierung und „Ein-Lagerung“  (Michel Agier) von Geflüchteten reflektieren eine allgemeine Entwicklung in den Bereichen Asyl und Migration: Staaten und Regierungen sehen in den Schutzsuchenden primär eine potentielle Gefahrenquelle, dementsprechend repressiv ist auch die Politik: Abschiebehaft und zwangsweise Rückführung sind heute weltweit zu häufig angewandten Maßnahmen der Migrations- und Asylregime geworden. Sie stehen vielfach im Widerspruch zu fundamentalen Menschenrechten und in einem – immer deutlicheren – Spannungsverhältnis zur Agenda von Nichtregierungsorganisationen, die sich um die Versorgung und Betreuung Geflüchteter kümmern.

 

Zur Tagung

Die Österreichische Gesellschaft für Exilforschung (öge) wird sich in ihrer Jahrestagung 2020 eingehend mit der Geschichte und Gegenwart von staatlich organisierter Aufnahme und erzwungener Unterbringung von Geflüchteten befassen. Im Fokus steht die vergleichende Perspektive, synchron und diachron. Ziel der Tagung ist es, im Bewusstsein der jeweiligen (zeit)historischen Kontexte, einerseits Parallelen und Unterschiede in den Praktiken und Formen der Internierung in Vergangenheit und Gegenwart in verschiedenen Ländern sichtbar zu machen; andererseits sollen die Beziehungs- und Handlungszusammenhänge, die das Lager als transitorischen Raum formen, thematisiert werden.

Der Call for Papers ist geographisch und disziplinär offen. Die eingereichten Beiträge können sowohl lokal und fallbezogen als auch international oder historisch vergleichend sein. Vortragssprachen sind Englisch und Deutsch.

 

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