Verunglimpfung von Ruth Klüger und anderen KZ-Überlebenden in der "Aula"

In der Juni-Ausgabe der rechtsextremen Zeitschrift "Aula" verunglimpfte Fred Duswald die KZ-Überlebenden von Mauthausen: Er bezeichnete sie als "Landplage" und "Kriminelle". Auch die Schriftstellerin Ruth Klüger, die im Parlament am 5. Mai 2011 die Festansprache gehalten hat, verhöhnte er.

In der Juni-Ausgabe der rechtsextremen Zeitschrift "Aula" bezichtigt der Autor Fred Duswald die Schriftstellerin und KZ-Überlebende Ruth Klüger, die am Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus die Rede im Parlament hielt, der "Theatralik und Flunkerei". Weiters bezeichnet Duswald die 1945 befreiten KZ-Häftlinge von Mauthausen in dem Artikel "Lügt Klüger?" als "Landplage" und "Kriminelle".

Die Israelitische Kultusgemeinde erstattete bei der Staatsanwaltschaft gegen den Grazer Aula-Verlag und den Artikel-Autor Anzeige wegen NS-Wiederbetätigung. Die Aufforderenung der Grünen an die FPÖ, sich von dem Artikel zu distanzieren, da die Aula ein Organ der Freiheitlichen Akademikerverbände sei, wies FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zurück. Er wolle "dazu überhaupt nichts sagen". Da die Zeitschrift keine FPÖ-Zeitung sei, fühle er sich "nicht zuständig" . - link

Kommentar von Hans Rauscher, DER STANDARD, 30.6.2011:  

Aula - Dreck und Watschen

"Dem Dreck kann man keine Watschen geben, lautet ein alter Wiener Spruch. Aber NS-Dreck kann man verfolgen. Um so eine widerliche und hinterfotzige Nazi-Verteidigung zu lesen, muss man die Aula zur Hand nehmen, das Ideologieblatt der FPÖ-Nahen (allerdings unbedingt mit Handschuhen und Nasenklemme). Ein Autor namens F. Duswald verbreitet sich unter dem Riesentitel "Lügt Klüger?" über die Feier im Parlament anlässlich der Befreiung des KZ Mauthausen, bei der die weltbekannte Autorin und Auschwitz-Überlebende Ruth Klüger ("Weiter leben") sprach.

Zunächst behauptet der Autor, nach der Befreiung hätten "40.000 überwiegend kriminelle Elemente" in der Umgebung "Angst und Schrecken" verbreitet. Wer in Mauthausen und anderen KZs war, war ein "kriminelles Element", freilich nur nach NS-Maßstäben. Der Aula-Autor stellt dann Ruth Klüger als Lügnerin hin, weil in einem Gedicht, das sie über Auschwitz schrieb, Rauchfänge mit Flammen vorkommen. Daran schließt sich eine "technische Beweisführung", die an die berühmten "Es gab keine Gaskammern"-Abhandlungen von Holocaust-Leugnern erinnert: "Die Verbrennung im Krema (sic!) erfolgt total staub- und geruchsfrei."

Schließlich schreibt Duswald noch, dass Anne Frank (auf die sich Klüger bezog) "nicht ermordet, sondern im Lager Belsen von einer Typhus-Epidemie dahingerafft wurde". Dem Dreck kann man keine Watschen geben, lautet ein alter Wiener Spruch. Aber NS-Dreck kann man verfolgen."

Rede von Ruth Klüger zum "5.Mai, dem Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus" im Parlament (2011): - link

Leserbrief von Eva Geber in: "DER STANDARD", 1. 7. 2011 (Die Publizistin hielt die Laudatio für Ruth Klüger anlässlich der Verleihung des Theodor-Kramer-Preises 2011):

Nicht einmal ignorieren?

"Nicht einmal ignorieren, das richtet sich selbst, dachte ich mir zunächst über die unappetitliche Blödigkeit der Vorbringungen eines F. Duswald in der rechtsextremen Zeitschrift Aula. In besagtem Artikel, der sich mit Einzelheiten der Rede Ruth Klügers anlässlich der Feier zum Gedenken an die Befreiung des KZ Mauthausen am 5. Mai im Parlament befasst, werden Argumente von solch geistiger Armseligkeit bemüht, dass sie schon Mitleid hervorrufen. Wäre da nicht die Perfidie des persönlichen Angriffs unter dem Titel „Lügt Klüger?". Nun ja, wie der Souveränität, der Klarheit der Analyse, der Stichhaltigkeit von Ruth Klügers Ausführungen etwas entgegensetzen, was einigermaßen Verstand hat? Das ließ sich nicht machen. Dann eben mit Dummheit. Warum nicht, wenn es gedruckt wird? Noch dazu im Organ der Freiheitlichen Akademikerverbände? Wie Hans Rauscher gestern richtig sagte, dem Dreck kann man keine Watschen geben. Oder sollte man nicht.
Wäre da nicht dieses „Gedankengut" (ein doppelter Euphemismus) willkommene Nahrung für junge Leute, die eine Mischung aus Zu-kurz-gekommen-Sein, Neid und Dummheit aggressiv macht und dem Rechtsextremismus denken, nicht lesen - dass das Resultat dieser Strategie das Hirn stinkend anfüllt, ist bekannt. Es ist nicht anzunehmen, dass diese jungen Menschen ausgerechnet für den Aula-Beitrag ihre Leseaversion überwinden, aber reduziert auf ein paar Schlüsselworte daraus, hören sie davon, kommt es herum, lässt es sich ins Grölrepertoire einbauen und die Sucht nach dem geistigen Gift befriedigen.
Die Ewiggestrigen sterben aus - aber sie sorgen für Nachwuchs. „Opfer" ist eine neues Schimpfwort,   das   vornehmlich   gegen Menschen  gewendet  wird,   die denken, lesen, sich bilden, komplexen Problemen auf die Spur kommen wollen. Vereinfachung hingegen macht das Denken einfach, erübrigt es, aber weil dies das Leben eben gerade nicht vereinfacht, führt das zu Aggressivität, und die sucht ihre Opfer. Und für ein Kreuzel auf dem Wahlzettel reicht's ja allemal."