Erich Hackls „Am Seil“: Ein Bergfreund rettet Lucia Heilman und ihre Mutter vor dem Holocaust

„Reinhold ist der Held meiner Geschichte, nur seinetwegen erzähle ich sie … Ihm verdanke ich natürlich mein Leben“. (Lucia Heilman)

Einer der wichtigsten österreichischen Gegenwartsautoren veröffentlicht die Überlebensgeschichte von Lucia Heilman und ihrem Retter, Reinhold Duschka, als Roman. Duschka, ein Kunsthandwerker und Bergfreund ihres Vaters, versteckt Lucia und ihre Mutter in seiner Werkstätte, wo sie drei lange Jahre bleiben. Durch den Widerstand von Duschka und ihr aktives Zutun wurde Mutter und Tochter vor der antisemitischen Vernichtungspolitik der Nazis gerettet.

 

Eine Kindheit im Versteck

Eine Gedenktafel am Werkstättenhof in der Mollardgasse im sechsten Wiener Gemeindebezirk erinnert seit 2013 an den Kunstschmied und begeisterten Bergsteiger Reinhold Duschka. Ab 1941 versteckte Duschka dort die Chemikerin Dr. Regina Steinig und ihre Tochert Lucia Heilman vor der nationalsozialistischen Verfolgung. Eine hochgefährliche Widerstandsaktion.

Damit Duschka genügend Lebensmittel am Schwarzmarkt kaufen konnte, mussten sich die beiden an der Arbeit des Kunsthandwerkers beteiligten, Lucia Heilman leistete Vorarbeit für Duschkas Werke.

Besonders negativ ist Frau Heilman ein Wochentag in Erinnerung: „Der schlimmste Tag war der Sonntag. Am Sonntag mussten wir besonders still und leise in der Werkstatt sein, weil sonst war ja niemand außer uns in dem Werkstättenhof, die Leute haben nicht gearbeitet und es war sehr still und auch wir mussten, damit uns niemand entdeckt oder niemand erahnt das irgendjemand in der Werkstatt ist, uns ganz still verhalten. Da hat der Reinhold mir immer Bücher gebracht, sodass ich im Winkel gesessen bin und hab dort gelesen. Der Sonntag ist in meiner Erinnerung fast überhaupt nicht vergangen. Ich musste dort immer ganz ruhig und still sitzen“.

Positiv sind Heilman die raren und gefährlichen Ausflüge in den Wienerwald in Erinnerung. Dort konnte Heilman, wenn auch nur für wenige Stunden, Kind sein. „Das Bedürfnis eines Kindes zu laufen ist unendlich groß – ich wollte nur laufen. Das hin und herlaufen hat mich schon so erfreut und meinen seelischen Zustand gebessert. Das war ein außerordentlich gefährliches Unternehmen“ erzählt Heilman.

Die Situation als sogenanntes Uboot verschlimmerte sich gegen Kriegsende: Im Zuge eines Bombenangriffs wird ihr Versteck zerstört, weshalb Mutter und Tocheter in einem Kohlenkeller Unterschlupf finden müssen. In dieser Zeit hört Lucia Heilman auf zu sprechen. Das Kriegsende im Mai 1945 ist für sie wie eine Wiedergeburt. Sie holt die Schule nach, studiert Medizin, praktiziert als Kinderärztin. Seit einigen Jahren ist Heilman Zeitzeugin im ZeitzeugInnen-Programm des BMBWF, ihre Geschichte erzählt sie auch auf der Lernwebsite ueberleben.at, basierend auf ihrer Geschichte wurde ein Lernmodul für SchülerInnen erstellt.