FRA veröffentlicht Überblick über die erfassten antisemitischen Vorfälle in der Europäischen Union 2009 bis 2019

Dem jüngsten Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) zufolge bestehen große Datenlücken bei der Dokumentation von antisemitischen Vorfällen. Die meisten Fälle von Hasskriminalität gegenüber Jüdinnen und Juden werden nicht gemeldet.

Der im September 2020 veröffentlichte Bericht gibt einen Überblick über die von internationalen Organisationen sowie aus offiziellen und inoffiziellen Quellen in den EU-Mitgliedstaaten erhobenen Daten zu Antisemitismus. Alle im Bericht vorgestellten Daten basieren auf eigenen Definitionen und Kategorisierungen antisemitischer Fälle in den jeweiligen Ländern. Gleichzeitig kommt in immer mehr Ländern die von der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) entwickelte Arbeitsdefinition von Antisemitismus zur Anwendung.

Obwohl sich der Überblick auf das Jahr 2019 konzentriert, werden auch Beispiele dafür angeführt, wie antisemitische Verschwörungstheorien im Zuge der Corona-Pandemie Hassreden im Internet befeuert haben. Die österreichische Datenlage zeigt, dass die erfassten antisemitischen Straftaten steigen.

Datenerhebung

Die zusammengetragenen Daten beziehen sich auf die Jahre 2009 bis 2019 und auf alle EU-Mitgliedstaaten, für die Daten verfügbar sind. Für jedes Land werden die verfügbaren Daten auf der Grundlage der nationalen Definitionen und Klassifikationen dargestellt. Unter „offiziellen Daten“ sind im Zusammenhang mit diesem Bericht diejenigen Daten zu verstehen, die von Strafverfolgungsbehörden und den zuständigen Landesministerien auf nationaler Ebene erhoben werden. „Inoffizielle Daten“ meint Daten, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen gesammelt wurden.

Es wurden öffentlich zugängliche Datenquellen zu Antisemitismus sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene herangezogen. Zur ersteren gehören die Vereinten Nationen (UNO), die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarats und das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Auf nationaler Ebene wurden offizielle Daten konsultiert, die von den zuständigen Regierungsstellen, Gleichstellungsstellen, Polizeikräften und Behörden innerhalb der Strafrechtssysteme veröffentlicht wurden.

Der Bericht gibt außerdem einen Überblick über nationale Aktionspläne und andere Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Antisemitismus sowie Informationen darüber, wie die Länder die von der IHRA (2016) angenommene nicht rechtsverbindliche Arbeitsdefinition von Antisemitismus übernommen.

Datenlücken 

Nach wie vor bestehen große Lücken bei der Datenerhebung zu antisemitischen Vorfällen. Einige EU-Mitgliedstaaten sammeln überhaupt keine amtlichen Daten zu dem Thema. Hinzu kommt, dass die verfügbaren Daten aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden und Datenquellen kaum vergleichbar sind. Neben der Notwendigkeit zur Verbesserung der Datenerhebung – insbesondere brauche es geeignete Systeme zur korrekten Erfassung antisemitischer Übergriffe – werden die Behörden daran erinnert, dass mehr unternommen werden muss, um die geringe Meldequote zu erhöhen. Opfer und ZeugInnen müssen dazu ermutigt werden, Vorfälle anzuzeigen. Das Europäische Parlament hatte schon 2013 in einer Entschließung die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert vermehrt Daten zu sammeln und die Erhebung europaweit zu vereinheitlichen. 

Länderbericht Österreich

Die wichtigste Quelle für offizielle Daten zu antisemitischen Straftaten in Österreich ist das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Diese Daten werden jährlich im Verfassungsschutzbericht veröffentlicht, das sich auf Rechtsextremismus, Linksextremismus, islamistischen Extremismus und Terrorismus, Spionage und Waffenverbreitung bezieht.

Die erfassten antisemitischen Straftaten mit rechtsextremistischer Motivation in Österreich sind im Steigen begriffen. Im Zeitraum 2009-2019 erreichten die erfassten Straftaten im Jahr 2014 mit 58 erfassten Fällen einen Höhepunkt. Die Daten zeigen, dass es in der Regel um verbale Äußerungen oder Sachbeschädigungen handelt und sie tendenziell nicht gegen einzelne Personen oder Organisationen gerichtet sind.

Für Österreich wird im Teil des Berichts über Strategien und Aktionspläne zur Bekämpfung des Antisemitismus erwähnt, dass die österreichische Bundesregierung im Zeitraum 2020 bis 2024 eine nationale Strategie gegen den Antisemitismus im Einklang mit der Erklärung des Rates entwickelt.

 

Zum Download des Berichts: - Link

 Zur 2018 veröffentlichten FRA-Studie über die Diskriminierung und Hasskriminalität gegen Jüdinnen und Juden: - Link

Bericht auf unserer Website: - Link